An den insgesamt zwölf Stationen stehen Hinweistafeln, auf denen der Wanderer die jeweilige Schriftstelle nachlesen kann. Die Schrifttexte dienen dabei nicht nur der Erläuterung der Skulpturen, sondern eröffnen auch einen Blick ins eigene Leben. Als hilfreich erweisen sich in diesem Zusammenhang auch die lebensnahen und griffigen Meditationen, die auf der Internetseite der Gemeinde Untermerzbach heruntergeladen werden können (s.u.)
Als Wegmarkierung begleiten den Wanderer die beiden Zeichen „Alpha und Omega", Anfang und Ende, gemäß dem biblischen Wort „Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende" (Off. 22,13).
Station 1: Sündenfall / Erschaffung der Welt
Der Startpunkt des Fränkischen Bibelwegs und die erste Station befinden sich am Schloss von Untermerzbach. Das in seiner heutigen Gestalt im 18. Jh. durch die Grafen von Rotenhan erbaute Schloss (Teile des Schlosses sind beträchtlich älter) beeindruckt von außen durch seinen weiträumigen Park mit einer großzügigen doppelläufigen Freitreppe und besagten alten Pappelbäumen. Von 1922 bis 2009 beherbergte das Schloss Herz-Jesu-Heim und Noviziat der Pallottiner (SAC). Seit September 2011 nutzt die Unfallversicherung VBG das Gebäude als Akademie und hält dort Seminare zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz ab.
Direkt am Eingangstor des Schlosses steht die erste Skulptur, die von Bianca Kubler (Heimschule Kloster Wald) geschaffen wurde und den Sündenfall (Genesis 3) thematisiert. In inniger Nähe stehen Adam und Eva beisammen und blicken gebannt auf die Schlange, die an ihnen emporsteigt. Adam und Eva sind „vereint in Freud und Mühsal": Gemeinsam waren sie im Paradies, gemeinsam sind sie schuldig geworden, und gemeinsam müssen sie nun die Folgen tragen. Doch die Skulptur wirkt keineswegs hoffnungslos: Adam und Eva dürfen – wie auch wir selbst, die wir immer wieder in die Irre gehen und schuldig werden – auf Gottes Verheißung vertrauen und voll Vertrauen in die Zukunft blicken.
Station 2: Noah
Vorbei an der mächtigen Hunneneiche gelangt der Wanderer auf ein kleines Plateau, von dem aus sich ein schöner Blick über den Itzgrund bis zu den Türmen von Kloster Banz und zu den Untermerzbacher Ortsteilen Gereuth, Buch und Wüstenwelsberg bietet. Hier steht inmitten von Feldern die zweite Weg-Skulptur mit dem Titel Noah.
Die kantige Formensprache, die Bildhauerin Karin Bähr (Fachschule für das Holzbildhauerhandwerk München) verwendet hat, lässt die Urgewalt von Wasser, Sturm und Felsen sinnlich spürbar werden: Als hart, schroff und unwirtlich hat auch die kleine Gruppe Überlebender aus Noahs Arche den Berg Ararat erlebt, auf dem sie angelandet sind (Genesis 8/9). Doch im Schiffbruch liegen nicht nur Angst und Zweifel, sondern auch Hoffnung und Neubeginn.
Station 3: Abraham
Vorbei an einem kleinen Wäldchen und dem jüdischen Friedhof geht es wieder hinunter, in die Ortsmitte von Untermerzbach. Hier steht direkt neben dem Dorfbrunnen die dritte Station des Fränkischen Bibelwegs, die von Inken Töpffer (Fachschule für das Holzbildhauerhandwerk München) geschaffen wurde und den Namen Abraham trägt.
Was Gott von Abraham verlangt, scheint unverständlich, ja unmenschlich: So lange hatte er auf die Geburt seines geliebten Sohnes Isaak gewartet und jetzt soll er das Liebste hergeben? (Genesis 22). Traurig blickt der steinalte Mann mit dem langen Bart gen Himmel und drückt den Sohn fest an sich. Was Abraham noch nicht weiß: Sein Loslassen aus Treue zu Gott wird ein „Loslassen zum Leben in Fülle" werden.
Station 4: Moses
Die Straße nach Memmelsdorf, der der Weg nun folgt, ist am Ortsausgang von alten Bierkellern gesäumt. Während in den alten Gewölben einst das frisch gebraute Bier kühl gelagert wurde, haben heute viele bedrohte Fledermausarten dort ein Zuhause gefunden. Auf halbem Weg nach Memmelsdorf steht die mächtige „Moses"-Figur von Elsa Nietmann (Fachschule für das Holzbildhauerhandwerk München).
Mutig und mit einem in die Ferne gerichteten Blick schreitet Moses hier durch das Rote Meer, dessen Fluten sich rechts und links von ihm auftürmen (Exodus 14). Im Vertrauen auf Gott überschreitet er die Grenzen der Naturgesetze und die Grenzen des Menschen-Möglichen. Im Auftrag Gottes führt er das Volk Israel trockenen Fußes durch das Rote Meer, hinaus in die Freiheit.
Station 5: Psalm 23
In Memmelsdorf steht die fünfte Skulptur des Fränkischen Bibelwegs, die einen der bekanntesten Psalmen, nämlich Psalm 23 („Der Herr ist mein Hirte") ins Bild setzt.
Im Gegensatz zu vielen anderen bildnerischen Darstellungen dieses Themas hat Bildhauerin Sandra Schallinger (Fachschule für das Holzbildhauerhandwerk München) das finstere Tal, die tiefe, Furcht erregende Schlucht, von der in Psalm 23 die Rede ist, in den Mittelpunkt gestellt: Obwohl rechts und links steile Feldwände aufragen und ein Durchkommen unmöglich erscheint, brauchen wir keine Angst zu haben, sondern dürfen uns von Gott getragen, gehalten und umsorgt wissen.
Station 6: Jesaja
Nach einem steilen Anstieg erreicht der Wanderer den alten jüdischen Friedhof und die sechste Station mit dem Titel „Jesaja".
Einen rauen, verwitterten Baumstumpf hat sich Bildhauerin Anna Carmela Kopf (Heimschule Kloster Wald) für die Umsetzung des Propheten-Bildes vorgenommen. Aus dem Kern des Stumpfes wächst jedoch zart etwas Neues hervor, ein neuer Mensch löst sich in harmonischer Bewegung aus dem Holz und reckt sich empor zu neuem Leben. Oder um mit den Worten der Bibel zu sprechen: „Aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht" (Jesaja 11).
Station 7: Johannes der Täufer
Nur gut 600 Meter weiter erwartet den Wanderer bereits Skulptur Nr. 7. Sie wurde von Matthias Roth (Fachschule für das Holzbildhauerhandwerk München) geschaffen und ist Johannes dem Täufer gewidmet.
Mitten im Wald, zwischen Kiefern und Felsen, stehen Jesus und Johannes hier. Jesus macht sich klein, und Johannes gießt das Wasser der Taufe über ihm aus. Über beiden öffnet sich der Himmel, der Heilige Geist kommt in Gestalt einer Taube auf den Getauften herab (Matthäus 3, 13-17). Denn wer sich klein macht, den macht der Himmel groß...
Station 8: Versuchung Jesu auf dem Berg
Über einen schmalen Pfad geht es den Bergkamm entlang bis zum so genannten „Christenstein", einem von Wind und Wetter freigelegten Felsen, der einen wunderschönen Blick ins Tal auf Heilgersdorf bietet. Hier steht die achte Weg-Skulptur „Versuchung Jesu", die Katja Scherbaum (Bildhauerei Wolfgang Schott, Seßlach) geschaffen hat.
Fest und unverrückbar steht Jesus hier mit beiden Füßen auf der Erde. Seinen Blick richtet er nach oben, hinauf zum Vater im Himmel. Jesus ist „geerdet und hat doch Gott allein im Blick", seine Gestalt verbindet Himmel und Erde, Gott und den Menschen. Auch die Versuchungen des Teufels können ihm nichts anhaben, weder Macht noch Reichtum können ihn von seinem himmlischen Vater trennen (Lukas 4, 1-13).
Station 9: Heilung durch Zuwendung
Vom Christenstein geht es steil hinunter ins Tal. Der Weg führt zunächst durch Wiesen, Felder und Streuobstwiesen und dann erneut in einen Wald. In einem kleinen Steinbruch erwartet den Wanderer die Skulptur Nr. 9 „Heilung durch Zuwendung" von Cordula Pflederer (Fachschule für das Holzbildhauerhandwerk München).
In sich zusammengesunken kauert hier ein Kranker; voller Hoffnung blickt er zu Jesus auf, der sich ihm zuwendet, sich zu ihm niederbeugt. Seine zärtliche Berührung gibt ihm neue Kraft und lässt ihn heil werden an Körper und Seele. (Markus 1, 32-34)
Station 10: Ostern
Die zehnte Station, Ostern, befindet sich nur 100 Meter weiter und wurde von Sarah Bergmann (Bildhauerei Wolfgang Schott, Seßlach) geschaffen.
Die Oster-Erfahrung wird hier aus dem Blickwinkel des ungläubigen Thomas dargestellt: Thomas kann den Erzählungen der anderen Jünger nicht glauben. Zu groß ist das Wunder der Auferstehung für ihn. Erst die körperliche Berührung mit dem Auferstandenen, das Ertasten mit den Händen öffnet ihm Augen und Herz. (Johannes 20, 24-29)
Station 11: Pfingsten
Kurz vor dem Ziel, am Waldrand mit Blick auf das Städtchen Seßlach, steht die elfte Skulptur des Weges. Max Leiß (Fachschule für das Holzbildhauerhandwerk München) hat hier die Aussendung der Jünger am Pfingsttag dargestellt.
Aufrecht und befreit von aller Angst stehen die drei aus der Jünger-Schar am Pfingsttag da. Sie sind erfüllt, ja be-geistert vom Geist Gottes und wenden sich in alle Himmelsrichtungen, um der ganzen Welt von Gott zu erzählen (Apostelgeschichte 2). Ein Platz ist übrigens noch frei – für den Wanderer, damit auch er mit den Jüngern zum Verkünder der Frohen Botschaft werden kann.
Station 12: Das Himmlische Jerusalem
Kurz vor dem Stadttor des malerischen Städtchens Seßlach lädt die letzte Skulptur des Fränkischen Bibelwegs noch einmal zum Verweilen ein. „Das Himmlische Jerusalem" wurde von Sarah Redlich (Heimschule Kloster Wald) geschaffen und setzt das Bild des neuen Himmels und der neuen Erde aus der Offenbarung (Offenbarung 21, 1-7) bildnerisch um.
Niedergedrückt kauert der Mensch zunächst am Boden. Doch mit der Verheißung des neuen Jerusalem, der neuen Schöpfung Gottes, kann er sich aufrichten. Die Kraft Gottes hebt ihn empor, lässt ihn aufblicken und dankbar empfangen.
Abschluss in Seßlach
Nach so viel geistlicher Nahrung sollte der Wanderer unbedingt in einem der Gasthäuser von Seßlach einkehren. Nicht von ungefähr wird das spätmittelalterliche Städtchen auch Oberfrankens „Klein-Rothenburg" genannt, wartet es doch mit einer vollkommen geschlossenen Wehrmauer, Türmen, Toren sowie wunderschönen fränkischen Fachwerkhäusern auf.
Anja Legge