Als „fränkisches Lourdes" wird das Käppele auf dem Zeiler Kapellenberg gerne bezeichnet: So wurde die Wallfahrtskapelle nicht nur ganz im Stil französischer Kathedralen gestaltet – sogar eine Miniatur-Nachbildung der alljährlich von immensen Pilgerströmen besuchten Lourdes-Grotte findet der Wallfahrer hier.

Die in Anlehnung an das französische Lourdes gestaltete Grotte und die monumental wirkende Bergkapelle wurden 1883 bzw. 1897 auf Initiative von Pfarrer Karl-Josef Link erbaut. Seitdem ist der Ort ein häufig und regelmäßig besuchter Wallfahrtsort im Osten des Fränkischen Marienwegs. Darüber hinaus ist das Zeiler Käppele in besonderer Weise Gebetsort für Geistliche Berufe.
Französischer Kathedralstil
Seit alters her scheint der Zeiler Kapellenberg mit seiner glücklichen Lage oberhalb des Maintals zwischen Haßbergen im Norden und Steigerwald im Süden die Menschen fasziniert zu haben. Auch den Bamberger Bischöfen mag es so gegangen sein und so errichteten sie hier im Hochmittelalter eine Burg, zu der auch eine kleine Burgkapelle gehörte, die jedoch weitgehend funktionslos war. Das „Castrum Cilanum“ diente in erster Linie der Selbstdarstellung – gehörte doch das Gebiet zwar kirchlich zum Bistum Würzburg, weltlich aber zum Hochstift Bamberg. Als Richtplatz der Bamberger erlangte Zeil während des Dreißigjährigen Krieges traurige Berühmtheit, als hier über 400 „Hexen“ verbrannt wurden.
Die Wallfahrt begann erst im Jahre 1716, als die Zeiler ein Holzkreuz auf ihrem Hausberg aufstellten. Rasch stellte sich eine „Wallfahrt zum Heiligen Kreuz“ ein; 1724 besuchten bereits 600 bis 1500 Wallfahrer die neue Pilgerstätte. 1727 ließ Johann Wernhammer als Ausdruck seiner Treue zu Maria eine schlichte Kapelle in Fachwerkbauweise auf dem Berg erbauen. In ihrem Inneren hing eine Kopie des Passauer Maria-Hilf-Bildes. 1780 wurde der Holzbau zwar nochmals erneuert, doch in den Folgejahren schlief die Wallfahrt ein; ihr vorläufiges Ende bedeutete die Säkularisation.
Zu einem ersten kleinen Neuanfang kam es rund 20 Jahre später, als wieder Bittgänge auf den Kapellenberg unternommen wurden. 1862 ließ Stadtpfarrer Michael Ebert die baufällige Muttergotteskapelle restaurieren. Während der Kriege in den Jahren 1866 und 1870/1871 gelobten die Zeiler, eine Marienstatue auf dem Dachfirst der Kapelle anzubringen. Die 1867 gestiftete Figur wurde 1873 vergoldet. Zudem ließ Ebert zur Erinnerung an den Ursprung der Wallfahrt eine Kreuzigungsgruppe aus Sandstein sowie Kreuzwegstationen errichten, die von Zeiler Familien gestiftet worden waren.
1882 kam dann Dechantpfarrer Karl-Josef Link nach Zeil. Link hatte als Kaplan in Aschaffenburg-Damm eine der ersten Lourdesandachtsstätten in Bayern errichtet und war erster süddeutscher Pilgerführer nach Lourdes. Tief beeindruckt von der französischen Pilgerstätte hatte er 1882 gelobt, die Marienverehrung in seiner ersten Pfarrei besonders zu fördern. So errichtete er für die Menschen, die nicht so weit fahren konnten, eine Lourdes-Grotte, die am 17. Juni 1883 feierlich eingeweiht wurde. Die Wallfahrt auf den als „fränkisches Lourdes“ bezeichneten Berg erlebte beträchtlichen Aufschwung. Bald konnte die alte Kapelle den Pilgerstrom kaum mehr fassen, so dass man 1894 begann, diese abzutragen, um sie dann nach dem Vorbild französischer Kathedralen im neuromanischen Stil neu aufzubauen. Im Mai 1897 wurde die neue Wallfahrtskirche auf den Namen „zur Unbefleckten Empfängnis Mariens“ geweiht. 1954 wurde die Kirche grundlegend renoviert.
Gnadenbild und Lourdesgrotte
Im Zuge der Renovierung und Umgestaltung im Jahr 1997 erhielt der Innenraum des Zeiler Käppele ein durchgängig schlichtes Bild; der schmucklos und geradlinig gehaltene Raum soll ganz bewusst zu Einkehr und Gebet einladen. Das ursprüngliche Gnadenbild, eine Kopie des Passauer Maria-Hilf-Bildes aus der alten Muttergotteskapelle von 1727, fand seinen Platz am linken Seitenaltar. Der schlichte neugotische Hochaltar zeigt Christus am Kreuz, auf der rechten Seite steht als Pendant zur Muttergottes ein Joseph mit Jesuskind. Die viel besuchte Lourdesgrotte wurde in eine separate, fünfeckige Seitenkapelle verlegt und mit einem Durchgang zur Kirche versehen. Im rechten Turm befindet sich außerdem die so genannte Votivkammer mit neun bekleideten Kinder-Wachsvotiven.
Christus im Herzen tragen
Neben seiner Funktion als Wallfahrtsziel ist das Zeiler Käppele in besonderer Weise Gebetsort für Geistliche Berufe. Pfarrer Michael Erhart möchte dieses Anliegen gerne erweitert sehen, indem er von „geistlichen Berufungen" spricht. Er hält die Bitte um Nachfolge – „in welcher Art auch immer" – gerade in der heutigen Zeit für sehr wichtig: „Wir brauchen überall Menschen, die Christus im Herzen tragen: in der Familie als Mutter und Vater, am Arbeitsplatz als Handwerker oder Verwaltungsangestellte, im täglichen Umgang miteinander, in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen." Aus diesem Grund wird die nachmittägliche Andacht an jedem ersten Sonntag im Monat in dieser Intention gefeiert.
Ein Stück Heimat
Das eigentliche Ziel der Menschen, die auf den Zeiler Kapellenberg ziehen, ist nicht mehr das Gnadenbild aus dem 18. Jahrhundert, sondern die Lourdesgrotte. Seit der Weihe der Bergkapelle zur Unbefleckten Empfängnis im Jahr 1897 durch Bischof Franz Joseph von Stein strömen Tausende von Pilgern alljährlich hierher. Nach dem Ersten Weltkrieg unternahmen zahlreiche Kriegsheimkehrer und Veteranenvereine Friedenswallfahrten mit bis zu 4000 Teilnehmern. 1937 kamen 6000 Männer auf dem Berg zusammen. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg lebte diese Tradition wieder auf, hinzu kamen Treffen von Heimatvertriebenen.
Heute erklimmen vor allem private Pilger und Beter den Bergsporn oberhalb des Mains; stolze 30000 Pilger dürften es nach Schätzungen von Pfarrer Michael Erhart sein, der seit September 2011 die Pfarreiengemeinschaft „Am Weinstock Jesu" mit den Gemeinden Zeil, Ziegelanger, Krum und Sand am Main leitet. Hauptwalltage sind der Pfingstmontag, Mariä Himmelfahrt (15. August), das Patrozinium Mariä Empfängnis (8. Dezember) sowie die Marienmonate Mai und Oktober. Allein an Mariä Himmelfahrt kamen im August 2012 etwa 1000 Menschen auf dem Berg. Darüber hinaus besuchen gut 25 Bus-Gruppen alljährlich den Wallfahrtsort und feiern hier eine Andacht oder einen Gottesdienst. Die größte unter ihnen ist die Römerstädter Vertriebenenwallfahrt, die Ende Juli mit rund 300 Teilnehmern nach Zeil kommt.
Doch es sind nicht nur die Großereignisse, die das Leben auf dem Zeiler Kapellenberg ausmachen. So findet während der Wallfahrtszeit der Werktagsgottesdienst am Donnerstag stets im Käppele statt, und obwohl der Weg auf den Berg weit ist, ist die in malerischer Bergeinsamkeit gelegene Kapelle stets voll. „Das ist einfach faszinierend", schwärmt denn auch Pfarrer Erhart, der selbst sehr gerne auf den Berg geht: „Wo sonst kann ich einen Werktagsgottesdienst mit 120 Menschen feiern?", fragt er. Bei allen kirchenkritischen Tönen tue so eine „Kirche zum Wohlfühlen" einfach gut.
Für Erhart zieht bereits die einzigartige Lage die Menschen in ihren Bann: „Von hier oben genießt man einen wunderschönen, weiten Blick über das Maintal. Das ist erhaben und erhebend zugleich. Und genau das brauchen viele Menschen heute in emotionaler und spiritueller Hinsicht", sagt er: „Viele Menschen fühlen sich niedergedrückt und klein, hier haben sie das Gefühl, dass sie erhoben, aufgehoben werden." Dies gelte gleichermaßen für jung und alt: „Nicht einmal diejenigen, die kaum noch laufen können, scheuen den Weg auf den Berg", sagt er. Bei den Jüngeren sei der Ort zudem eine beliebte Hochzeitskirche: „Auch Paare, die nicht hier wohnen, spüren die Magie des Ortes." Zudem sei das Käppele für die Menschen aus der Umgebung ein „zentraler Identifikationspunkt, ja ein wichtiges Stück Heimat", berichtet Pfarrer Erhart. So gehöre es bei Hausbesuchen zum Pflichtprogramm, dass man dem Pfarrer zeigt, von wo aus man das Käppele am besten sehen kann, illustriert Erhart.
Vor allem aber werde die kleine Lourdes-Grotte „sehr stark angenommen". Davon erzählen nicht nur die zahllosen Kerzen, die stets hier oben brennen, sondern auch das Fürbittbuch, das Erhart zwei bis drei Mal im Jahr austauschen muss. Die „zuweilen sehr emotionalen und innigen Bitten", die die Besucher hier niederlegen, greift Erhart jeden Donnerstag in der Messfeier auf und trägt sie so vor Gott. „Mit Maria haben wir eine starke und vertrauensvolle Fürsprecherin", sagt Michael Erhart: „Sie hat JA gesagt zu etwas, was sie nicht begreifen konnte. Sie hat sich wagemutig eingelassen auf Gottes Pläne, die auf den ersten Blick überfordernd wirken." Für ihn vermittelt Maria ganz stark, dass Glaube „nicht nur kognitiv, sondern ganz tief emotional abläuft".
Abt-Degen-Steig
Wer ein wenig mehr Zeit mitgebracht hat, sollte sich auf den 1995 eröffneten genannten Abt-Degen-Steig begeben: Der offizielle Weinwanderweg der Stadt Zeil ist als Rundweg von insgesamt 25 Kilometern angelegt, kann aber auch abschnittsweise erkundet werden.
Der Weinbau in der Gegend um Zeil hat Tradition: Seit dem 11. Jahrhundert werden hier Reben kultiviert, und auch heute noch liegt der Ort inmitten von Weinbergen mit so klangvollen Namen wie „Zeiler Kapellenberg", „Zeiler Mönchshang", „Ziegelangerer Ölschnabel" oder „Krümler Himmelreich". Zudem verdanken die Franken einem berühmten Sohn der Stadt, nämlich Alberich Degen, ihren Silvaner: Als 42. Abt des Zisterzienserklosters Ebrach führte Degen im Jahr 1665 die Silvanerrebe in Franken ein, womit der Grundstein für den Siegeszug des charakteristischen Weißweins in Franken gelegt wurde.
Heute führt der nach dem berühmten Zisterzienser benannte Abt-Degen-Steig mitten durch den Frankenwein. Alte Winzertreppen und Weinbergswege wechseln dabei mit waldschattigen Wegabschnitten ab. Zugleich eröffnen sich wunderschöne Ausblicke über das obere Maintal – von der Barockkirche Limbach bis nach Bamberg. Info-Tafeln informieren über Standort, Rebsorten, Weinbau und Kulturgeschichtliches rund um den Wein. Besondere Schmankerln am Wegesrand sind die Ruine Schmachtenburg und das Zeiler Käppele.
Anja Legge
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Die Kirche ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet.
In den Wintermonaten ist nur der Eingang bei der Grotte offen.
Gottesdienste und Andachten
- Sonntag um 18 Uhr Messfeier
- Donnerstag (von 24. März bis 3. November, außer wenn der Donnerstag auf einen Feiertag fällt) um 18 Uhr Messfeier
- An Sonntagen und kirchlichen Feiertagen um 15 Uhr Andacht (außer Faschingssonntag, Karfreitag, Allerheiligen und 2. Weihnachtsfeiertag)
Gebetstermine für die Berufungs-Andachten 2022 jeweils um 15 Uhr an folgenden Terminen: 6. Februar, 6. März, 3. April, 3. Juli, 7. August, 4. September, 2. Oktober, 6. November, 4. Dezember.
Besondere Anlässe
Alle Termine für das Wallfahrtsjahr 2022 finden Sie hier.
Die aktuelle Gottesdienstordnung der PG "Am Weinstock Jesu" finden Sie hier.
Einkehren im benachbarten Berghospiz (Telefon 09524 / 1009).
Pfarramt St. Michael
Pfarrer Michael Erhart
Marktplatz 10
97475 Zeil
Telefon: 09524 / 850105
Fax: 09524 / 850106