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Ein Ochsenfurter Kleinod

An der vielbefahrenen B 13 von Ochsenfurt nach Ansbach steht ein Kirchlein, das auf eine über 500 Jahre alte Tradition zurückblicken kann. Im Jahr 1466 entstand hier – auf einer Anhöhe über dem Maintal – die Ochsenfurter St.-Wolfgangskirche. Die heimelige Kirche reiht sich in einen ganzen Reigen von Andachtsstätten ein, die dem Regensburger Stadtheiligen ab etwa 1500 in ganz Europa geweiht wurden.

Zwar hat die Verehrung des hl. Wolfgang mittlerweile nachgelassen, für die Ochsenfurter jedoch ist die kleine Kapelle ein wahres Kleinod geblieben. Nicht nur zum Pfingstritt kommen die Gläubigen hinauf zu der reizvoll gelegenen Kapelle, auch unterm Jahr finden immer wieder Wanderer und Pilger den Weg hierher.

Die Kapelle ist von Mai bis September jeweils am ersten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

Katholisches Pfarramt
Pfarrgasse  6
97199 Ochsenfurt

Telefon: 09331 8025080
E-Mail: pg.ochsenfurt@bistum-wuerzburg.de
Internet: www.pg-ochsenfurt.de

Leben und Legende

Als Sohn freier, aber nicht adliger Eltern wurde der hl. Wolfgang um 924 vermutlich in Pfullingen / Baden-Württemberg geboren, sein Name kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutet „der den Wolf Angreifende". Wolfgang erhielt zunächst Privatunterricht bei einem Kleriker und besuchte dann als Zehnjähriger die Klosterschule Reichenau. Anschließend kam er an die neu gegründete Domschule in Würzburg. Um 956 übernahm er die Leitung der Domschule in Trier und wurde dort – als Laie (!)– Dekan. Er bemühte sich im Sinne des heiligen Benedikt um Reformen für eine strengere Lebensordnung der Domkapitulare.

Kaiser Otto I. holte Wolfgang daraufhin nach Köln, wo er zum Bischof geweiht werden sollte. Wolfgang lehnte jedoch ab und trat 965 in das Benediktiner-Kloster Einsiedeln in der Schweiz ein, wo er 968 im Alter von 43 Jahren zum Priester geweiht wurde. Einem visionären Anruf seines Abtes Otmar gehorchend zog er als armer Missionar und Glaubensbote durch das keltische Noricum, dessen Gebiet vor allem im heutigen Österreich liegt. 972 rief ihn Bischof Pilgrim von Passau zurück und schlug ihn als Bischof von Regensburg vor: Kaiser Otto I. und der Klerus zweifelten zunächst an der Eignung des unscheinbaren Mönches, bis – so die Überlieferung – einer der Zweifler erkrankte und von Wolfgang geheilt wurde. 975 gründete Wolfgang in Regensburg eine Domschule mit Chor, aus dem die heutigen Domspatzen hervorgingen.

Zeitlebens war der wegen seiner großen Menschenfreundlichkeit und Güte, seiner großen Demut und Bescheidenheit beliebte Wolfgang um Reformen bemüht. Sein Wirken war ein Vorbild für eine ganze Reihe von Klöstern. Er verfocht ein regelstrenges Leben von Mönchen und Kanonikern, gründete das Benediktinerinnenkloster St. Paul in Regensburg und gab dem Kloster St. Emmeram einen Abt, der den Reformbestrebungen der Zeit nahe stand. 973 ermöglichte er die Errichtung des Bistums Prag. Die Bildung und das geistliche Lebens des Klerus und der Orden lagen ihm besonders am Herzen.

Auf einer Reise starb Wolfgang am 31. Oktober 994 in der Kapelle des heiligen Othmar in Pupping (Oberösterreich) und wurde in der Klosterkirche von St. Emmeram in Regensburg bestattet. Am 7. Oktober 1052 wurde Wolfgang von Papst Leo IX heilig gesprochen. Bei diesem Anlass wurden die Gebeine des Bischofs in die damals neu errichtete Wolfgangskrypta unter der Basilika St. Emmeram überführt. Sie ruhen dort seit 1877 in dem vergoldeten Wolfgangsschrein, der jedes Jahr anlässlich der Wolfgangswoche des Bistums Regensburg in die Basilika oder eine andere bedeutende Kirche des Bistums überführt wird.

Wolfgangs-Legenden

Bis heute betonen zahlreiche Legenden die heilkräftige und Böses abwehrende Wirksamkeit Wolfgangs und seine Fürsorge: So soll bei einer seiner Predigten der Teufel vergeblich versucht haben, die Zuhörenden durch schillernde Strahlen abzulenken. Außerdem soll Wolfgang einen Besessenen, Blinde und Aussätzige geheilt und Getreide ausgeteilt haben. Eine andere Legende erzählt von Wolfgangs zeitweiligem Einsiedlerleben am Abersee – dem nun nach ihm benannten Wolfgangsee – in Österreich, dem er seit seiner Missionstätigkeit besonders zugetan war: So habe sich Wolfgang, als der bayrische Herzog Heinrich der Zänker seinen Aufstand gegen Kaiser Otto II. unternahm, sich 976 ins Kloster Mondsee und von dort zum Wolfgangsee begeben, um als Einsiedler in einer Höhle zu leben. Als einer seiner Helfer beim Roden des großen Waldes Durst bekam, habe Wolfgang eine Quelle entspringen lassen, deren Wasser bis heute als heilkräftig gilt. Das Einsiedlerleben sei jedoch durch den Teufel gestört worden, der immer wieder versuchte, Wolfgang zu vernichten, so dass dieser beschloss, sich an einem freundlicheren Ort eine Klause zu erbauen. Er warf seine Axt ins Tal hinab und gelobte, an dem Ort, an dem er sie wieder finden werde, eine Kirche zu erbauen. Unverzüglich begann Wolfgang mit dem Bau von Kirche und Klause, doch waren die Schwierigkeiten groß. Da soll sich ihm der Teufel zur Mithilfe angeboten haben unter der Bedingung, dass das erste lebende Wesen, das die Kirche betrete, ihm gehöre. Das erste lebende Wesen, das nach der Fertigstellung das Kirchlein betrat, war ein Wolf, den der Teufel voller Wut packte und mit ihm durch ein Loch in der Kirchendecke davonfuhr. Wolfgang lebte insgesamt sieben Jahre in der Einöde, bis sein Aufenthaltsort von einem Jäger entdeckt wurde und eine Abordnung aus Regensburg ihn bat, doch wieder den bischöflichen Stuhl einzunehmen. Er wollte sich diesen Bitten nicht entziehen, doch prophezeite er, dass sich nach seinem Tod am Grabe in Regensburg keine Wunder ereignen würden, während er allen, die ihn am Ort seiner Einsiedelei am Abersee anriefen, seine Hilfe nicht versagen werde.

Über 500-jährige Geschichte

Im Spätmittelalter (um 1500) wurde Wolfgang zu einer der bedeutendsten und beliebtesten europäischen Heiligengestalten. Zum Zentrum der Verehrung wurde jedoch nicht sein Sterbeort Pupping oder seine Begräbnisstätte in Regensburg, sondern ein kleines Kirchlein am Abersee, der ab 1887 auch offiziell als Wolfgangssee bezeichnet wurde. Um andächtigen Pilgern auf ihrer Reise die Möglichkeit zur Rast und Heimkehrern eine Stätte der Erinnerung an den Gnadenort zu geben, begann man in ganz Europa Wolfgangskapellen zu errichten. Meist entstanden diese Kapellen an wichtigen Pilger- und Fernstraßen, außerhalb der befestigten Orte, auf Anhöhen sowie in der Nähe von Quellen.

Auch die Stadt Ochsenfurt lag an historischen Pilgerwegen: So kamen hier zum einen die Pilger aus den Niederlanden vorbei, die über Utrecht, Nimwegen, Zwolle, Essen, Gießen, Gelnhausen, Bad Orb und Würzburg zum Wolfgangsee unterwegs waren. Zum anderen machten in Ochsenfurt auch die Gläubigen Station, die auf den Spuren des Abtes Albert von Stade auf der "Via Romea" nach Rom pilgerten. Darüber hinaus wird Ochsenfurt auch vom fränkisch-schwäbischen Jakobsweg berührt, der von Würzburg kommend über Ulm und Konstanz durch die Schweiz und durch Frankreich nach Galicien führt.

1466 begann man mit dem Bau der Ochsenfurter Wolfgangskapelle – also in einer Zeit, als die Pilgerfahrt ins „aberseeische Gebirg" zu einer ersten Blüte gelangte. Die Lage, für die man sich entscheiden hatte, war geradezu ideal: Der künftige Bauplatz lag auf einer Anhöhe, war weithin zu sehen, verfügte über eine Quelle und lag außerhalb der Stadt. Um 1474 / 75 muss der Bau zu einem gewissen Abschluss gekommen sein und wurde mit einem Vikar besetzt.

Wallfahrtskirche St. Wolfgang - Ochsenfurt im Bild

Ein Heiligen-Leben in Bildern

Der spätgotische Bau besitzt einen eingezogenen Chor mit spätgotischen Fenstern und Netzgewölben im nachgotischen Stil. An die Nordseite des Chores schmiegt sich der Turm an, dessen urspünglicher Spitzhelm 1738 durch barocken Schweifhelm ersetzt wurde. Im 17. und 18. Jahrhundert musste der Kirchner mit dem Wächter des nahegelegenen Landturms Sichtkontakt halten, um auf dessen Zeichen hin bei Gefahr die Glocke zu läuten. An der Südseite der Kirche zeugen noch heute Eisenringe vom alten Brauch, die Pferde während des Kirchweih-Gottesdienstes anzubinden; an die traditionellen Pferdesegnungen erinnern übrigens auch die beidseits des Nordportals angebrachten Holztafeln mit Hufeisen.

Bereits vor Betreten des heimelig und hell wirkenden Kirchenraums begrüßt den Besucher über dem Nordportal die erste Wolfgangsfigur, eine Arbeit des unterfränkischen Bildhauers Johann Auvera. Sie zeigt den Heiligen, dessen Gedenktag die Kirche am 31. Oktober feiert, in gewohnter Manier mit Bischofsstab und Kirchenmodell

Der barocke Hauptaltar im Inneren der Kirche stammt aus einer Würzburger Werkstatt und wurde 1699 aufgestellt. Bildbeherrschendes Motiv im Altarblatt eines unbekannten Meisters (vermutlich ein Schüler Oswald Onghers) ist der hl. Wolfgang mit zwei Kirchenmodellen – in der Hand hält der Kirchengründer ein Modell mit Spitzhelm, ein Engel hält ihm ein Modell mit barockem Schweifhelm entgegen. In der unteren Bildzone sind Menschen dargestellt, die den Heiligen um Hilfe anflehen: ein junger Mann, der sich ans Herz greift, ein Blinder mit ausgestreckten Armen, eine betende junge Frau, ein Bärtiger mit Krücken, ein Gefangener in Ketten, ein Sterbender. Im Bildhintergrund schließlich ist eine Feuersbrunst zu erkennen, die eine Stadt verschlingt und ebenfalls des Schutzes des Heiligen bedarf.

Die beiden Seitenaltäre wurden von einheimischen Künstlern gefertigt und sind der Gottesmutter Maria und dem hl. Antonius von Padua gewidmet. Das Gemälde von der Himmelfahrt Mariens auf der rechten Seite wird begleitet von Figuren der Eltern Mariens, Anna und Joachim. Die Darstellung des franziskanischen „Schlamperheiligen" Antonius wird flankiert von Figuren der heiligen Nepomuk und Aquilinus.
An der südlichen Langhauswand ist auf einer Konsole eine weitere Darstellung des hl. Wolfgang angebracht. Die spätgotische Lindenholz-Arbeit aus der Zeit um 1520 stammt vermutlich aus der Riemenschneiderwerkstatt; der obere, etwas überdimensionierte Teil des Bischofsstabes ist eine spätere Ergänzung. Das ausdrucksstarke Gesicht des Heiligen könnte laut Experten ein Altersporträt des Würzburger Bischofs Lorenz von Bibra (+ 1519) sein.

Rundgang durch ein Leben

Gewissermaßen einen „Rundgang" durch das Leben des heiligen Wolfgang bieten die zehn Gemälde an der Emporenbrüstung. Die Ölbilder von unterschiedlichen Malern aus dem 17. und 18. Jahrhundert basieren vermutlich auf Stichvorlagen aus dem 16. Jahrhundert und illustrieren gewissermaßen die gesamte Bandbreite der Wolfgangslegenden und die Verehrungsschwerpunkte. Sie zeigen von links nach rechts: (1) Die Geburt des hl. Wolfgang, (2) die Ernennung zum Domdekan von Trier, (3) die Anlainung (St. Wolfgang stemmt sich gegen einen Fels, den der Teufel auf ihn herabstürzen will), (4) der Beilwurf (zur Bestimmung des Kirchenbauplatzes), (5) die Steinerweichung, (6) Errettung eines herabstürzendes Kindes, (7) Wolfgang als Retter in Feuersnot, (8) Wolfgang als Befreier von Gefangenen (vor dem Hintergrund der Stadt Ochsenfurt), (9) Wolfgang als Retter Schwerverletzter, (10) Wolfgang als Heiler Schwerkranker und Wiedererwecker Toter.

Einen längeren Blick sollte der Besucher auch auf die Kanzel werfen, die 1551 von einem Riemenschneider-Schüler gefertigt wurde und erst 1683 in die Wolfgangskirche gelangte.
Am Schaft sind die allegorischen Darstellungen von Glaube, Hoffnung und Liebe eingemeißelt. Zu den Reliefs von St. Kilian, St. Andreas und der Kreuzigung Jesu gesellt sich neben dem Kanzelaufgang der Tod mit Sense und Sanduhr. Die den Schalldeckel bekrönende Figur des in den Wolken thronenden Gottvaters, der die Welt in Händen hält, ist eine spätere Zutat aus der Zeit um 1600.

Spätestens bei Hinausgehen fällt das kleine aber feine Blechtäfelchen neben dem Opferstock am Nordportal ins Auge. Während die eine Seite den hl. Wolfgang mit Bischofsstab und Kirchenmodell zeigt, bietet die Rückseite eine alte Ansicht der Kapelle aus der Zeit vor 1738 mit dem Mesnerhaus. Bemerkenswert: Der Verbindungsgang zwischen Mesnerhaus und Kirche, der dem Mesner einen raschen und geschützten Zugang zu Kirche (und Geläut) ermöglichte.

Pferdesegnung und Bratwurstfest

Bereits im 15. Jahrhundert wurde der Pfingst- oder Wolfgangsritt im Zusammenhang mit der Einweihung der St. Wolfgangskapelle urkundlich erwähnt. Die Segnung der Pferde sollte den Tieren und ihren Haltern Schutz und Segen für das kommende Jahr gewähren. Bereits damals war die Pfingstsegnung willkommener Anlass für Zuckerbäcker, Metzger, Schenkwirte und Wachszieher, ihre Stände in der Nähe der Kapelle aufzubauen. Das muntere Kirchweihtreiben glitt jedoch dahingehend ab, das „man oft geistige Getränke im Übermass genoss" und „auch junge Leute beiderlei Geschlechts sich nicht immer auf eine erbauliche Weise erlustigten", wie Stadtchronist Johann Kestler im Jahre 1845 schreibt. Deshalb wurde der alte Brauch im Jahr 1803 von der Kirche verboten.

Im Jahr 1951 sorgte dann der Ochsenfurter Heimatpfleger Martin Ahlbach für eine erste Wiederbelebung des Pfingstrittes. Doch schon wenige Jahre später (1960) fand der Ritt ein erneutes Ende aufgrund der fortschreitenden Motorisierung in der Landwirtschaft. Dennoch: Als das Reitpferd wieder an Bedeutung gewann, erinnerte sich der langjährige Vorsitzende des Verkehrsvereins Ochsenfurt und Umgebung Rudolf Ruhl auch an den alten Pfingstbrauch. Zusammen mit dem Reit- und Fahrverein St. Wolfgang und den Reiterfreunden aus der Umgebung konnte er die alte Tradition 1976 wiederbeleben. Seitdem findet der St. Wolfgangsritt (veranstaltet von Verkehrsverein, Stadt Ochsenfurt, Reit- und Fahrverein Ochsenfurt sowie der katholischen Pfarrgemeinde) alle zwei Jahre am Pfingstmontag statt und ist einer der Höhepunkte im Ochsenfurter Jahreslauf.

Der stolze Zug umfasst alljährlich rund 150 Pferde und Reiter, geschmückte Kutschen, Musikkapellen, viele Fußgruppen in der Ochsenfurter Gautracht, Vereine, Fahnenabordnungen sowie den Ochsenfurter Stadtrat und führt von der Altstadt bis hinauf zur St. Wolfgangskapelle hoch über dem Maintal. Nach der Segnung der Pferde an der Kapelle geht es mit weltlicher Blasmusik zurück zum Festplatz am Main, wo das über Pfingsten stattfindende Bratwurstfest des Volkstrachtenvereins lockt.

Freundeskreis

Seit 1983 kümmert sich der eigens gegründete „Freundeskreis St. Wolfgangskirche" um den Erhalt und die Förderung der Wolfgangskapelle Ochsenfurt. Auslöser für die Gründung war der marode Zustand der Kirche, die völlig zu verfallen drohte. Schon in der Anfangszeit wuchs die Mitgliederzahl auf über 500 an, Spendenaufrufe wurden gestartet, Benefizaktionen auf die Beine gestellt. In Anlehnung an eine alte örtliche Tradition rief der Verein auch das Wolfgangsfest ins Leben, das seitdem jeweils am ersten Sonntag im Juli stattfindet und dessen Erlös dem Erhalt des Gotteshauses dient.

Anja Legge