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Schmuckstück im Ochsenfurter Gau

Am Ortsrand von Gelchsheim, an der Straße nach Baldersheim, steht die Kapelle St. Johannes Nepomuk, genannt „Kapelle zum gegeißelten Heiland". Ihren Ursprung hat die einstige Wallfahrtskirche in der so genannten Wies-Tradition. Eine Kopie des berühmten Geißel-Heilands aus Steingaden steht bis heute im Hochaltar der Landkapelle, die zwischen 1754 und 1757 vom Hofbaumeister und Baudirektor des Deutschen Ritterordens Franz Joseph Roth erbaut wurde.

In den ersten Jahrzehnten nach ihrer Erbauung war die Kapelle die wichtigste Filiation der Wies-Wallfahrt im Bistum Würzburg. Leider war dieser Tradition jedoch nur eine kurze Blütezeit beschieden, so dass die Kapelle zusehends in Vergessenheit geriet. Heute wird sie vornehmlich als Friedhofskapelle genutzt.

Von Ostern bis Allerheiligen ist die Kapelle an Sonn- und Feiertagen bis zum Zwischengitter geöffnet (Seiteneingang).

In der Kapelle finden keine regelmäßigen Gottesdienste statt.

Pfarramt Aub
Kirchsteige 2
97239 Aub

Telefon: 09335 / 201
Fax: 09335 / 998855

E-mail: pg.aub-gelchsheim@bistum-wuerzburg.de

Wies-Tradition in Franken

Die „Gelchsheimer Kappel", wie das Kirchlein bei den Einheimischen heißt, geht zurück auf die Wieskirche bei Steingaden. Dort, im so genannten Pfaffenwinkel, hatte am 14. Juni 1738 die Bäuerin Maria Lory in den Augen einer Figur des „Gegeißelten Heilands" einige Tropfen gesehen, die sie für Tränen hielt. Das Tränenwunder sprach sich herum, und alsbald führten erste Wallfahrten zum Bildnis des Heilands. Nach einer ersten kleinen Feldkapelle wurde schon bald ein größerer, umso prächtigerer Bau nötig, den man 1745 unter der Leitung der Brüder Johann Baptist und Dominikus Zimmermann begann und der 1754 fertiggestellt wurde.

Auch in Franken sprach sich das oberbayrische Tränenwunder herum. So unternahm – laut einem Bericht von H.H. Pfarrer Schüppert – auch der aus Gelchsheim stammende Gastwirt Michael Öchsner bereits im Jahr 1749 eine Wallfahrt zur Wieskirche bei Steingaden. Obwohl der Kirchenbau noch nicht einmal fertiggestellt war, kehrte Öchsner hochbegeistert in seine fränkische Heimat zurück und ließ 1750 von einem Ochsenfurter Bildhauer eine Nachbildung des Wiesheilands anfertigen. Diese ließ er gemeinsam mit seiner Frau Anna Barbara am 6. September 1750 am Ort der heutigen Kapelle mit kirchlichem Segen aufstellen.

Baumeister aus Wien

Rasch stellte sich reger Zulauf ein, der Wunsch nach einem festen Gebäude zur Verehrung des Geißel-Heilands wurde laut. Trotz erster Vorbehalte der bischöflichen Behörde und des Deutschen Ordens in Mergentheim wurde 1754 der Bau einer Kapelle genehmigt. Treibende Kraft für das Unternehmen war der ortsansässige Deutschordensamtmann Georg Matthäus Agricola. Baumeister der Kapelle wurde der Baudirektor der Deutschherrn Franz Joseph Roth: 1690 in Wien geboren, arbeitete dieser nahezu 40 Jahre lang als Stuckateur, Architekt und Baumeister beim Deutschen Orden. Neben stattlichen Bürgerhäusern stammen auch zahlreiche Kirchen von ihm, so zum Beispiel die Pfarrkirche St. Georg und die Maria-Hilf-Kapelle in Ellingen und die Schlosskirche in Bad Mergentheim. Im Alter von 68 Jahren starb Roth 1758 in Gelchsheim, so dass die Kapelle zum gegeißelten Heiland eines des letzten Werke des Deutschordenbaudirektors wurde. Im Frühjahr 1754 begonnen, wurde der Bau bereits 1757 vollendet. Der ursprüngliche Plan, der Kapelle ein Kapuziner-Hospiz anzugliedern, wurde 1756 aufgegeben.

Trotz anfänglicher Beliebtheit verlor der Wallfahrtsort gegen Ende des 19. Jahrhunderts nach und nach an Bedeutung. Obwohl die Kapelle bis zum Ersten Weltkrieg noch als Wallfahrtsort bekannt war, verkam das Kirchlein in den nachfolgenden Jahrzehnten. Erst 1980 ergriff Pfarrer Lothar Brunnquell die Initiative und ließ es renovieren. Heute wird die Kapelle in erster Linie als Friedhofskapelle genutzt.

"Für uns gegeißelt"

Für eine Friedhofskapelle recht stattlich wirkt die hübsche Kapelle mit Dachreiter. Über dem Hauptportal in der Westfassade steht in einer Rundbogennische eine überlebensgroße Sandsteinstatue der Schmerzhaften Muttergottes von Johann Michael Auwera. Darunter informiert eine lateinische Inschrift auf ovaler Tafel über den Grund der Erbauung: „AD HONOREM CHRISTI PRO NOBIS FLAGELLATI" (Zur Ehre Christi, der für uns gegeißelt worden ist). Zugleich ist der Text ein Chronogramm, das die lateinische Jahreszahl 1754 ergibt.

Den prächtigen Innenraum beherrschen drei üppige Rokoko-Altäre. Der Hochaltar aus der Zeit um 1754 ist ein prächtiger sechssäuliger Baldachinaufbau mit kulissenartigen Seitenteilen und stammt – ebenso wie die Kanzel – von Johann Georg Auwera. Er birgt in einer Muschelnische das Wallfahrtsbild des Gegeißelten Heilands in der Wies, das 1750 von Ludwig Hermes angefertigt und 1757 dort aufgestellt wurde. An den Seiten stehen die alttestamentlichen Figuren des König David und des Propheten Jesaja, die das Leiden Christi vorausgesagt haben.

In den einfacher gearbeiteten Rokoko-Seitenaltären von Carl Bleitzhöfer stehen links eine Pietà sowie rechts eine Figur des Kirchenpatrons Johannes Nepomuk. Einen längeren Blick wert ist auch die kostbare Deckenstuckatur von Michael Babilitsch aus Aub aus dem Jahr 1771, die ebenfalls das Motiv des Gegeißelten Heilands aufgreift.

Anja Legge