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Eindrucksvolle Romanik

Einer heute eher in Vergessenheit geratenen Heiligen ist die Kunigundenkapelle in der Nähe der Ortschaften Burgerroth und Buch geweiht: Der heiligen Kunigunde, Gemahlin von Kaiser Heinrich II und bambergische Bistumsgründerin, um deren Leben sich zahlreiche Legenden ranken. Die eindrucksvolle romanische Kapelle steht etwa vier Kilometer südwestlich von Aub auf dem 311 Meter hohen Altenberg, einem von drei Seiten umflossenen Bergsporn hoch über dem Gollachtal. Im Westen der Kapelle durchbricht die mächtige „tausendjährige" Kunigundenlinde die umgebende Friedhofsmauer und entführt den Besucher so einmal mehr in die Zeit der Erbauung der Kapelle vor rund 800 Jahren.

Im Mittelalter erfreute sich die fränkische Kaiserin und Heilige großer Beliebtheit; noch um 1720 ist von einem Ablass für das Kunigundenfest die Rede. Im 19. und 20. Jahrhundert flaute das Interesse jedoch stark ab und die Kirche sank in die Bedeutungslosigkeit ab. Völlig zu Unrecht, wie nicht nur die Einheimischen aus den umliegenden Dörfern meinen: Denn der klar und erhebend wirkende Kapellenbau besitzt nicht nur eine jahrhundertealte Tradition, sondern ist auch ein faszinierendes Zeugnis hohenstaufischer Baukunst, das eine kleine Entdeckungsreise lohnt.

Die Kapelle ist normalerweise verschlossen.

Infos zu Andachten und Festtagen finden Sie hier.

Katholisches Pfarrbüro Aub-Gelchsheim
Kirchsteige 2
97239 Aub

Telefon: 09335 / 201
E-mail: pg.aub-gelchsheim@bistum-wuerzburg.de
Internet: https://www.pg-aub-gelchsheim.de/

Drei Schleier im Wind

Grabungen zwischen 1919 und 1931 haben ergeben, dass der Altenberg bei Buch bereits in der Jungsteinzeit besiedelt war: So wurden neben Tonscherben, Schleifsteinen und Tierknochen auch Wohnstellen und Hügelgräber gefunden. In keltischer Zeit bot die imposante Lage auf einem von drei Seiten von der Gollach umflossenen Bergsporn beste Voraussetzungen für die Errichtung einer Fliehburg.

Die bis heute auf dem Altenberg stehende Kunigundenkapelle entstand im Zusammenhang mit der Heiligsprechung von Kaiserin Kunigunde im Jahr 1200. Kunigunde war eine Tochter des Grafen Siegfried von Luxembourg. Ihr Geburtsjahr ist unbekannt. Im Jahr 998 /1000 wurde sie mit Kaiser Heinrich II. vermählt. Da aus der Ehe keine Kinder hervorgingen, sprach man von einer „Josefsehe". An der Regierung ihres Gemahls nahm Kunigunde großen Anteil: So wirkte sie entscheidend bei der Gründung und Ausgestaltung des Erzbistums Bamberg und bei der Errichtung vieler Kirchen und Klöster mit. Im Jahr 1014 wurde sie von Papst Benedikt VIII in Rom zur Kaiserin gekrönt. Nach dem Tod Heinrichs im Jahr 1024 trat sie 1025 in das Benediktinerinnenkloster Kaufungen ein, wo sie am 3. März 1033 (möglicherweise auch 1039 oder 1040) starb und zunächst in der Klosterkirche bestattet wurde.

Im Jahre 1200 wurde Kunigunde heilig gesprochen. Ein Gottesurteil, bei dem sie zum Beweis ihrer Treue im Zusammenhang mit einer Anschuldigung wegen Ehebruchs über glühende Pflugscharen lief, wurde als Zeichen ihrer Keuschheit und Heiligkeit angesehen.
1201 wurden ihre Gebeine im Bamberger Dom erhoben. Nach ihrer Heiligsprechung wurde die heilige Kunigunde vor allem in Franken sehr populär. Im Spätmittelalter überholte sie sogar ihren Ehemann Heinrich auf der Beliebtheitsskala fränkischer Heiliger. Ihr mariengleicher Ruf als „Königin und Jungfrau", der dem mittelalterlichen Frömmigkeitsideal entsprach, dürfte maßgeblich dazu beigetragen haben.

Der Legende nach geht die Erbauung der Kapelle bei Burgerroth direkt auf die heilige Kunigunde zurück: So soll die Kaiserin einst den Bau von drei Kapellen gelobt haben. Die Wahl des Bauplatzes überließ sie dabei der göttlichen Fügung und warf deshalb vom Bamberger Schloss drei Schleier in den Wind. An deren Fundstellen wollte sie dann Kapellen erbauen. Einer der Schleier soll auf dem Altenberg in der großen Linde hängen geblieben sein. Da die Bewohner von Buch jedoch eine Pfarrkirche wollten, schafften sie die vorgesehenen Steine in den Ort hinab; am nächsten Morgen befanden sie sich unerklärlicherweise wieder auf dem Altenberg. Daraufhin soll ein Zimmermann nachts auf den Steinen in Buch geschlafen haben, und fand sich am nächsten Morgen mitsamt den Steinen auf dem Berg wieder. Daraufhin errichtete man die Kapelle bei der großen Linde.

Wieviel von der schönen Legende wirklich wahr ist, sei dahingestellt. Vermutlich wurde die Kunigundenkapelle um 1230 an Stelle einer älteren Kirche von Heinrich von Hohenlohe-Brauneck und seinem Sohn Konrad von Hohenlohe-Brauneck erbaut, die auf der nahe gelegenen Burg Brauneck residierten. Die Entstehung des spätromanischen Bauwerks fällt damit in die Zeit nach der Heiligsprechung Kunigundes und in die Blütezeit der Hohenstaufer. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts gab es neben der Kirche eine kleine Ansiedlung. Die an der Westseite der Kapelle stehende Linde, auch tausendjährige oder Kunigundenlinde genannt, verweist zudem auf einen mittelalterlichen Versammlungs- und Gerichtsort und trägt einmal mehr zur geheimnisvollen Aura des Ortes bei.

Romanik, Echtergotik und Barock

Die einschiffe romanische Anlage stellt sich trotz einiger tiefgreifender Umbauten, deren Spuren bis heute sichtbar sind, noch immer als Chorturmkirche mit Erkerapsis und klaren Gliederungsformen dar. Im Doppelfenster des Turmes, dessen Abschluss samt Dachreiter übrigens aus dem 19. Jahrhundert stammen, steht eine beinahe archaisch wirkende, merkwürdig stilisierte Frauenfigur, die vermutlich die Kirchenpatronin Kunigunde darstellt: Sie trägt ein enges Kleid mit Überwurf, ein Diadem hält die Haare zusammen. In den Händen hält sie einen Ring und eine Lilie, Symbole die auf die angeblich jungfräuliche Ehe Kunigundes mit Heinrich anspielen. Unter dem Chor befindet sich eine halbunterirdische Unterkapelle oder Krypta, deren Bedeutung bis heute nicht ganz geklärt werden konnte. An der Südseite des Chores lassen Bebauungsspuren eine ehemalige Außenkanzel vermuten.

Umfangreiche Instandsetzungen und Umbauten erfolgten in den Jahren1608/1609 unter Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn im Zuge der Festigung der Gegenreformation. Dabei wurden die spätromanischen Wandmalereien überstrichen, die Unterkapelle zerstört, der Chorraum erhöht und im Kirchenschiff zwei gotische Spitzbogenfenster eingebaut. Eine Steintafel über dem Südportal aus dem Jahre 1614 erinnert an diese Umgestaltung im Juliusstil mit spätgotischen Elementen und Zierformen der Renaissance. Hinzu kamen außerdem neue Betstühle sowie eine Orgelempore.

Gegen Mitte des 18. Jahrhunderts zog etwas Barock in die Kunigundenkapelle ein: Bei der Renovierung wurden Wände und Decke mit Stuck ausgestaltet. 1762 stiftete Thomas Klee aus Buch den Hauptaltar, der von Matthäus Haslinger aus Aub angefertigt wurde. Der spätbarocke Altar zeigt im Zentrum die Heilige Familie; im Antependium (am Altarunterbau) verweisen eine goldene Pflugschar und drei Kleeblätter auf die Legende vom Gottesurteil, wonach die hl. Kunigunde zum Beweis ihrer Treue mit bloßen Füßen über glühende Pflugscharen gelaufen sei. Über den seitlichen Durchgängen stehen (heute nur noch zum Kunigundenfest) rechts die Kaiserin Kunigunde und links Kaiser Heinrich II. Von den beiden Seitenaltären sind noch die Altarbilder aus dem Jahre 1869 vorhanden. Die Bilder, die nur am Kunigundenfest in der Kapelle sind, zeigen die „Armen Seelen im Fegfeuer" und die „Kreuzigung Christi".

Nach Grabungen in den Jahren 1961/1962 wurde bei der anschließenden Restaurierung der klare spätromanische Charakter der Kapelle weitgehend wiederhergestellt. So wurde zum einen die alte Krypta wieder zugänglich gemacht; zum anderen konnte man die Überreste farbkräftiger und formenreicher Wandbilder freilegen: Das gotisch wirkende Reiterbild an der Nordwand ist vermutlich eine Darstellung des Heiligen Georg. In der Chorapsis befindet sich eine Darstellung des heiligen Nikolaus, der den Jungfrauen Goldkugeln als Hochzeitsgabe überreicht.

Stille Kraftquelle

Obwohl die Kunigundenkapelle bereits um 1230 erbaut wurde, ist erst 1720 von einem Ablass für das Kunigundenfest die Rede. Eine Reliquie der hl. Kunigunde kam sogar erst gegen Mitte des 18. Jahrhunderts hierher: Sie wurde angeblich von einem Pilger mitgebracht, ist vermutlich jedoch nicht authentisch. Die hölzerne Monstranz mit den sterblichen Überresten der Heiligen wurde bis etwa 1915 am Fest der hl. Kunigunde (3. März) in der Kapelle ausgesetzt. Heute befindet sich das Reliquiar im Pfarrhaus in Aub.

Neben ihrer Bedeutung als Wallfahrtskirche und Verehrungsort der heiligen Kunigunde diente die Kapelle auch als Gotteshaus für die Dörfer Buch, Burgerroth, Niedersteinach und die Burg Brauneck; der umliegende Friedhof war Begräbnisstätte für die genannten umliegenden Ortschaften. Da 1858 in der Gemeinde Buch ein eigenes Gotteshaus errichtet wurde, verlor die Kapelle in der Folgezeit rasch an Bedeutung. Regelmäßige Gottesdienste fanden ab 1900 nur noch am Kunigundentag (3. März) und am dritten Bittag statt. Nachdem 1945 auch der Friedhof nicht mehr genutzt wurde, sank die Kunigundenkapelle in die Bedeutungslosigkeit zurück. Erzählungen von Einheimischen zufolge haben die Bucher sogar ihre bei der Kapelle bestatteten Angehörigen nach 1945 ausgegraben und im Leiterwagen nach Buch gebracht.

Heute ist das malerisch gelegene Gotteshaus wieder ins Bewusstein zurückgekehrt. An „stillen Tagen" ist es vor allem die klare romanische Architektur, die den Besucher gefangen nimmt und eine beinahe mystische Wirkung entfaltet. Dies wird vor allem in der geheimnisvoll anmutenden Krypta spürbar, die viele Besucher als „Ruhepunkt" und „Kraftquelle" empfinden.

Neben den Maiandachten findet am Pfingstmontag das Kunigundenfest an der Kapelle statt, an dem Wallfahrer aus Buch, Burgerroth, Baldersheim, Bieberehren, Aufstetten und Aub in Prozessionen zur Kunigundenkapelle ziehen. Seit 2011 kümmert sich der "Freundeskreis Kunigundenkapelle Buch" um Pflege und Unterhalt der Kapelle.

Kunigundenstein und Kunigundenweg

Oberhalb des südöstlichen Weges ins Gollachtal, etwa 150 Meter südöstlich der Kapelle, befindet sich der so genannte Kunigundenstein. Die Vertiefungen im unförmigen Muschelkalkfelsen werden als Hand-, Knie- und Fußabdrücke der heiligen Kunigunde gedeutet, die sich der Legende nach dereinst hier zum Gebet niedergekniet haben soll. Die Berührungen vorbeiziehender Wallfahrer haben die Kehlungen vermutlich immer weiter ausgeformt.

Wer noch etwas weiter auf den Spuren der heiligen Kunigunde wandern oder radeln möchte, dem sei der so genannte Kunigundenweg ans Herz gelegt. Unter der Bezeichnung „Bamberger Weg", „grasiger Weg" oder „Wallfahrtsweg" findet sich dieser alte Flurweg schon in alten Katasterblättern und Flurplänen. Der eigentliche Ursprung des Weges ist unbekannt: Angeblich soll ihn Kunigunde schon vor 1000 Jahren gegangen sein; mit Sicherheit haben ihn jedoch Bauern genutzt, um Abgaben zum Kloster Michelsberg oder zum Domstift Bamberg zu bringen, und auch zahlreiche Pilger haben den Weg wohl auf ihrer Reise zum Grab der Bamberger Bistumsgründer beschritten.

Auf rund 110 Kilometern führt der sagenumwobene Weg von der Kunigundenkapelle auf dem Altenberg quer durch den Steigerwald vorbei an Aub, Bullenheim, Scheinfeld, Schlüsselfeld und Burgebrach bis nach Bamberg, wobei Ortschaften bewusst gemieden werden. Die Weg-Markierung, eine blaue Dom-Silhouette mit stilisierter Kunigunde auf weißem Grund, findet sich auch an der Bucher Kunigundenkapelle als Startpunkt des Weges.

Am Bullenheimer Berg, am südlichen Ende des Steigerwalds, befinden sich übrigens die Überreste einer weiteren Kunigundenkapelle. Neben zwei gotischen Festereinfassungen ist noch der Eingang erhalten, an dessen beiden Seiten Poteste herausragen, auf denen wohl einst Steinfiguren standen. Von der Ruine aus hat man einen schönen Blick über die Ebene rund um Bullenheim, Ippesheim und Seinsheim.

Anja Legge