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Die Muttergottes auf dem Holderstock

Seit fünf Jahrhunderten verehren die Menschen in Schneeberg die „Muttergottes auf dem Holderstock". Mitten im Odenwald gelegen wurde das wirtschaftliche und kirchliche Leben des Ortes lange Zeit durch die Benediktinerabtei Amorbach geprägt.

Der Beginn der Wallfahrt dürfte in der Zeit um 1450 anzusiedeln sein. Aus dieser Zeit stammt auch das mild lächelnde Gnadenbild der Muttergottes mit Kind. Weder Reformation noch Säkularisation konnten der Schneeberger Wallfahrt über die Jahrhunderte ernsthaft etwas anhaben. Und so kommen die Menschen bis auf den heutigen Tag in die Pfarr- und Wallfahrtskirche „Mariä Geburt", um bei der Mutter des Herrn abzuladen und sich an ihrem Beispiel aufzurichten. Charakteristisch für den mitten im Ort gelegenen Kirchenbau ist, dass dieser aus drei unterschiedlich alten Baukörpern besteht, die sich dennoch harmonisch zusammenfügen.

Die Wallfahrtskirche ist täglich geöffnet.

Die aktuelle Gottesdienstordnung (PG Um den Gotthard im Odenwald) finden Sie hier.

Pfarramt Schneeberg 
Hauptstraße 11
63936 Schneeberg 

Telefon: Tel. 09373 / 8464
E-Mail: pfarrei.schneeberg@bistum-wuerzburg.de
Internet: https://www.pg-gotthard.de/

Klosterdorf von Amorbach

Die Geschicke des nur zwei Kilometer von Amorbach entfernt gelegenen Ortes Schneeberg sind eng mit dem Benediktinerkloster verwoben, das dort um das Jahr 734 gegründet wurde. Dem Klosterbau folgten schon bald die ersten Herrschaftshöfe mit Bauerngütern, die dem Kloster Amorbach zugeordnet waren; auch Schneeberg war ein solches Klosterdorf. Die erste eigene Kirche ist in Schneeberg ab 1445 bezeugt und war der hl. Jungfrau Maria geweiht. Das dortige Madonnenbildnis zog schon bald Wallfahrer an, so dass sich Bischof Rudolf von Scherenberg, ein aufmerksamer Beobachter der vielerorts übersteigerten Marienverehrung, veranlasst sah, die neue Wallfahrt überprüfen zu lassen. Doch der Verdacht erwies sich als unbegründet: Scherenberg attestierte, dass die Wallfahrt „aus zuverlässigem, gutem und rechtem Grunde" hervorgeht und verlieh Schneeberg 1470 einen Ablass. Dieser Ablass ist zugleich die erste schriftliche Erwähnung der Schneeberger Wallfahrt.

Bereits 1474 konnte ein Kirchenneubau im spätgotischen Stil errichtet werden. Besonders verdient machte sich dabei der Amtmann Engelhart von Berlichingen, der in einem Kollektenbrief vom 8. Juni 1473 von allen Ständen Spenden für den Bau erbat. Geweiht wurde die neue Kirche am Fest Mariä Opferung 1476 durch den Würzburger Weihbischof Johannes Hutter.

In der Folgezeit nahm die Wallfahrt immer weitere Ausmaße an. Nicht nur aus der Umgebung und dem Maintal, selbst vom Rhein her pilgerten Marienverehrer zur „Muttergottes auf dem Holderstock". Sieben Marienfeste wurden begangen, besonders groß war der Zustrom an Mariä Geburt und Mariä Opferung – auch bedingt durch einen päpstlichen Ablass von 1511. 1521 erbaute man an der Südseite der Kirche eine eigene Gnadenkapelle. Dabei bezog man vermutlich auch einen Holunderstock an der Kirchenaußenmauer ein, der zum Namensgeber der „Muttergottes auf dem Holderstock" wurde: So soll die Figur zunächst auf dem Hochaltar der neu erbauten Kirche gestanden haben. Als das Bildnis jedoch allmorgendlich in den Holunderstock zurückkehrte, in dem es einst gefunden wurde, erbaute man die Gnadenkapelle.

Nicht einmal Reformation und Dreißigjähriger Krieg konnten der Schneeberger Wallfahrt etwas anhaben. Im Gegenteil: Berichte von Mirakeln und Gebetserhörungen fachten das Interesse weiter an. Nach jahrhundertelanger Zugehörigkeit zur Benediktinerabtei Amorbach wurde Schneeberg 1688 selbständige Pfarrei. 1718 erhielt die Kirche mit der Erweiterung des Langhauses und 1757 mit Erhöhung von Chorgewölbe und Chorbogen ihre heutige Form. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war der Zustrom so gewaltig, dass an bedeutenden Wallfahrtstagen bis zu tausend Kommunionen ausgeteilt wurden. 1931 wurde die Kirche grundlegend vergrößert, indem man ein parallel gelagertes Kirchenschiff an der nördlichen Seite anbaute.

Während des Zweiten Weltkrieges gelobten die Schneeberger der Gnadenmutter, die beiden uralten Wallfahrtstage, Mariä Geburt (8.September) und Mariä Opferung (21. November), als Hochfeste (Gelobte Feiertage) zu begehen, falls sie durch den Schutz der Gottesmutter vor Kriegsschäden verschont blieben. Die Schneeberger wurden erhört: Als nämlich am Karfreitag, dem 30. März 1945, die amerikanischen Panzer in Amorbach anrollten, sprengte ein Pionierkommando die untere Dorfbrücke, wodurch zwar die benachbarten Häuser schwer beschädigt wurden, die Statue der Muttergottes neben der Brücke aber unversehrt blieb.

Reiche Bildersprache

Trotz zahlreicher Um- und Anbauten besticht die Schneeberger Kirche „Mariä Geburt" von außen wie von innen durch die gelungene Verbindung von spätgotischem und modernem Kirchenbau. Aufmerksam sollte man bereits das Eingangsportal der neuen Kirche passieren, das auf der linken Seite die sieben Wurzelsünden des Menschen zeigt, denen rechts die sieben Sakramente gegenüberstehen. Als Gefährdungen des Menschen sind dargestellt: Eitelkeit (Pfau), Habgier (Geldsack), Unkeuschheit (Schwein), Neid (Elster), Unmäßigkeit (Fuchs), Zorn (Hahn) und Trägheit (Schnecke). Auf der anderen Seite die helfende Hand Gottes (oben rechts), die uns die sieben Sakramente verleiht, nämlich: Taufe (Taube & Fisch / Wasser), Firmung (Taube), Eucharistie (Brot & Fisch), Beichte (Schlüssel), Krankensalbung (Ölgefäß), Priesterweihe (Stola & Kelch), Ehe (Hände & Stola). Darüber, unter dem Deckengebälk der Vorhalle, befindet sich eine Darstellung des Gleichnisses von den klugen und den törichten Jungfrauen: Links die erloschenen Öllampen der törichten Jungfrauen und rechts die der klugen Jungfrauen.

Wer direkt zur Gnadenkapelle möchte, muss zunächst das Schiff der neuen Kirche mit dem Bildnis der Schutzmantelmadonna durchschreiten, um dann durch die Arkadenbögen in den alten Teil zu gelangen. Einen Moment verharren sollte man vor dem pompösen Hochaltar von Zacharias Juncker d. Ä., der um 1620 für Hardheim gefertigt wurde und 1768 nach Schneeberg kam. Der Altar wird übrigens mit dem seligen Liborius Wagner in Verbindung gebracht, der an diesem Altar die hl. Messe gefeiert haben soll.

Eher unscheinbar wölbt sich dann im hinteren Drittel der alten Kirche die Gnadenkapelle von 1521 aus. Das Gnadenbild, eine Madonna mit Jesuskind aus der Zeit um 1450, stellt Maria ganz als Mutter dar; zugleich weist ihre Krone sie als Königin aus. Eine Besonderheit sind die beiden Früchte in den Händen von Kind und Mutter: Jesus nimmt Maria den Apfel des Sündenfalls aus der Hand und gibt ihr dafür eine andere Frucht, nämlich die der Fruchtbarkeit und des Lebens. Bis 1862 stand die Figur in der Nordostecke der Gnadenkapelle, wo einst der Holunderstock gestanden haben soll. Heute befindet sich das von jubilierenden Engeln und Puttenköpfen umgebene Gnadenbild in einer halbrunden Nische an der Außenwand. Die einstmals zahlreichen Votivtafeln wurden durch liebevoll gemalte Bildtafeln mit Wunderberichten ersetzt. Der fein gearbeitete Alabaster-Altar mit einem Relief der Unbefleckten Empfängnis (Immaculata) stammt von dem Miltenberger Bildhauer Zacharias Juncker d. J. (1680).

Dank vor Kriegs-Verschonung

Die beiden großen Wallfahrtsfeste in Schneeberg sind Mariä Geburt (8. September) und Mariä Opferung (21. November). Seit der Verschonung ihres Ortes im Zweiten Weltkrieg, die die Einheimischen der Gottesmutter Maria zuschreiben, werden die beiden Marienfeste als Gelobte Feiertage begangen. Die Fürsprache der Gottesmutter zeigte sich seinerzeit, als in den letzten Kriegstagen eine der Dorfbrücken gesprengt wurde: Die umliegenden Häuser wurden stark beschädigt, die unmittelbar neben der Brücke stehende Marienfigur jedoch erlitt keinen Schaden.

An Mariä Geburt kehren viele Ehemalige in den Ort zurück, um den Festtag mit der Familie und Pilgern aus Nah und Fern zu feiern. Den emotionalen Höhepunk bildet die abendliche Lichterprozession, bei der viele hundert Menschen mit Kerzen in den Händen vorbei an den festlich geschmückten Häusern durch den Ortskern ziehen und mit Liedern und Gebeten Maria, die Muttergottes auf dem Holderstock, ehren. Darüber hinaus kommen das ganze Jahr über Einzelpilger und Klein-Gruppen nach Schneeberg, die meist unbemerkt ihre Sorgen und Nöte vor das Gnadenbild tragen.

Anja Legge