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Maria uff den Staffeln

Eine geizige Wirtin und eine mildtätige Magd stehen am Anfang der Miltenberger Staffelkapelle. So heißt es jedenfalls in einer volkstümlichen Sage. Zwar gibt es die alte „Kapelle uff den Staffeln" heute nicht mehr, doch ihre „Staffelmadonna" verehren die Miltenberger noch immer. Heute befindet sich das Gnadenbild, das aus der Kapelle stammt und den Ruf der Wundertätigkeit genoss, in der Miltenberger Stadtpfarrkirche St. Jakobus.

Von einer expliziten Wallfahrt zur Staffelmadonna kann man heute nicht mehr sprechen. Das Bild wird eher geprägt von Einheimischen und Einzelpilgern, die zur privaten Andacht in der Stadtpfarrkirche einkehren. Darüber hinaus gibt es zwei Hochfeste im Miltenberger „Staffeljahr", nämlich den Dreikönigstag am 6. Januar und das Staffelfest

Die Kirche ist im Winter täglich von 9 bis 18 Uhr, im Sommer von 9 bis 19 Uhr geöffnet.

Die aktuelle Gottesdenstordnung (PG St. Martin) finden Sie hier.

Pfarreiengemeinschaft St. Martin
Mainstrasse 19A (Familienzentrum)
63897 Miltenberg

Telefon: 09371 2330
E-Mail: pfarrei.miltenberg@bistum-wuerzburg.de
Internet: www.pg-st-martin-miltenberg-buergstadt.de

Eine geizige Wirtin

Angeblich soll sich dort, wo bis vor knapp 200 Jahren die so genannte „Staffelkapelle" stand, ein Wirtshaus befunden haben, dessen geizige Besitzerin die Speisereste an die Schweine verfüttern ließ. Eine gottesfürchtige Magd warf die Essensreste jedoch heimlich durch den nach außen führenden Spülstein den Armen zu, was zum Zorn der Wirtin und zur Dankbarkeit bei den Armen führte. Nach dem Tod der Wirtin stand anderntags ein Schwein mehr im Stall, das sich als ruhelose Verstorbene entpuppte. Erst durch den priesterlichen Segen verschwand das Schwein; zugleich erschien über dem Spülstein das Bild der Muttergottes und segnete die mildtätige Magd. Am Ort des Wunders errichtete man daraufhin eine Kapelle. Über dem Schweinestall jedoch erbaute man eine Stiege, die zur Kapelle hinaufführte und dessen Grundstein ein Menschenkopf mit Schweinsohren bildete.

Die eigentümliche Sage versucht nach Ansicht von Experten auffällige Ungereimtheiten zu erklären: So wurde die Piscina (der Ausguss für das Wasser der priesterlichen Händewaschung) als Spülstein eines Wirtshauses gedeutet und eine gotische Zierplastik am Treppenfuß als verhexte Wirtin.

1825 abgerissen

Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Kapelle, die direkt an der Stadtmauer stand und als Friedhofskirche genutzt wurde, um das Jahr 1400. Sie besaß eine Freikanzel und einen gewölbten Karner (Beinhaus) im Untergeschoss. Der eigentliche Kapellenraum lag im Obergeschoss, zu dem die besagten Staffeln (Treppen) hinaufführten. Das Madonnenbildnis der Kapelle – die so genannte Staffelmadonna (Maria uff den Staffeln oder Madonna ad gradus) stand auf einem Alabasteraltar von Zacharias Juncker mit Reliefszenen aus dem Marienleben.

Um 1509 heißt es in einer Schrift des Priors der Abtei Laach, dass die Gnadenkapelle schon seit alters her „durch Wunder" berühmt ist. Immer fänden sich dort fromme Beter; sogar Pilger aus Ungarn, Böhmen und anderen Ländern träfe man an. In der Tat war Miltenberg seit dem Spätmittelalter Rast- und Sammelstation für die als Ungarnwallfahrer bezeichneten Pilger aus dem Donauraum auf ihrem Weg zur alle sieben Jahre stattfinden Heiltumsweisung in Aachen. Sie besuchten Maria uff Staffeln, die für sie Station und kultisches Nebenziel war, bis zum Verbot der Ungarnwallfahrt 1776.

Aber auch bei den Miltenbergern selbst erfreute sich die Madonna höchster Verehrung: Sie gründeten 1465 die Marienbruderschaft „Fraternitas in capella B.M.V.", der noch im Jahr 1681 ein päpstlicher Ablass verliehen wurde. Im 18. Jahrhundert wurde Miltenberg zudem zum Knotenpunkt für die Walldürn-Wallfahrer, die mit dem Schiff in Miltenberg ankamen und dann zu Fuß weiterwallten.

Mit der Umfunktionierung der Kapelle in ein Hospital für österreichisches Militär 1796 begann der Niedergang der Kapelle. 1825 wurde der baufällige Bau schließlich abgebrochen, die viel verehrte Staffelmadonna, der Altar und ein Kreuz von Hans Backoffen wurden in die Pfarrkirche St. Jakobus d.Ä. überführt.

Harmonisches Miteinander von Alt und Neu

Die Anfänge der Miltenberger Stadtpfarrkirche St. Jakobus d. Ä. stammen vom Ende des 14. Jahrhunderts, als an Stelle eines Vorgängerbaus ein größerer dreischiffiger Bau errichtet wurde. In Richtung Marktplatz an der Südseite des Chores entstand ein mächtiger Turm. Um 1380/90 erfolgten mehrere Altarstiftungen. Der 1478 in Miltenberg geborene Humanist Johannes Butzbach spricht in seinem Wanderbüchlein von einer großen, prächtigen, auf schlanken Säulen ruhenden Stiftskirche. 1782 wurde die Kirche für teilweise baufällig erklärt und es wurden verschiedene Veränderungen vorgenommen. In den Jahren 1829 bis 1831 entstanden auch die beiden das Stadtbild prägenden Osttürme.

Die häufigen Umbauten trugen aber nicht gerade zu einem harmonischen Gesamteindruck bei. Ein erster Schritt in die richtige Richtung wurde 1959 mit der Neugestaltung des Kirchenraumes nach Plänen des Würzburger Dombaumeisters Hans Schädel getan. Ihr jetziges Gesicht hat die Kirche bei der Neugestaltung durch Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen erhalten.

Beim Betreten der Kirche trifft der Besucher zunächst auf den Taufort. Hier fasst ein großer Radleuchter einen imaginären Raum, in dessen Zentrum sich ein Sandstein-Muschelbecken von Michael Juncker aus dem Jahr 1608 befindet. Aus dem dunklen Kirchenschiff geht der Blick nach vorne in den lichten Altarraum, der von einem immensen farbdurchstrahlten Altarretabel von Clemens Kaletsch (2004) beherrscht wird. Der klappbare Flügelaltar zeigt auf der geöffneten Feiertagsseite die in den Evangelien überlieferten Geschichten und Szenen über den Kirchenpatron Jakobus. Die geschlossene Werktagsseite illustriert skizzenhaft bis visionär den menschlichen Lebensweg unter der Begleitung Gottes.

Hervorzuheben ist das frei über dem Zelebrations­altar schwebende spätgotische Triumphbogenkreuz aus der Zeit um 1400. Am Ostende des nördlichen Seitenschiffes befindet sich außerdem eine etwa auf die Zeit um 1400 zurückreichende Dreikönigsgruppe (Meister Hermann der Steinmetz), die ursprünglich am Außenbau der abgebrochenen Staffelkapelle angebracht war. Einen längeren Blick sollte man auch auf die Kanzel von Zacharias Juncker d.Ä. (1635) werfen; sie zeigt auf dem Korpus die Passion Christi sowie am Pfeiler die vier Kirchenväter Gregor, Ambrosius, Augustinus und Hieronymus. Ein beachtenswertes Detail, das einen schönen Bogen zum hl. Jakobus als Patron der Pilger spannt, sind die zwischen den Kreuzwegstationen eingelassenen Originalsteine von Pilgerzielen wie dem See Genezareth, dem Berg Tabor oder der Kathedrale von Santiago de Compostela.

Auch die beiden Kapellenräume im rückwärtigen Teil der Kirche wurden im Zuge der letzten Neugestaltung verändert. Im nördlichen Teil befindet sich eine eigens für die Staffelmadonna gestaltete Andachtskapelle. Das Gnadenbild, eine hoheitsvoll wirkende Madonna mit Kind, stammt aus der Zeit um 1400. Neben zahlreichen Wunderberichten erzählt man sich, dass plündernde schwedische Soldaten die Figur einst in den Main geworfen hätten; wider Erwarten sei sie aber nicht fortgetrieben, sondern an einer Stelle geblieben, bis sie von einem Fischer geborgen wurde.

Auf der gegenüberliegenden südlichen Seite liegt die Beichtkapelle mit einem eindrucksvollen lebensgroßen Standkruzifix aus rotem Sandstein, das ursprünglich auch in der Staffelkapelle stand. Es wurde 1527 geschaffen und stammt aus dem Kreis des Mainzer Bildhauers Hans Backoffen. In der Kapelle steht auch der prächtige Alabasteraltar von Hans Juncker (1624), der sieben Szenen aus dem Leben Mariens ins Bild setzt.

Wallfahrt heute

Obwohl es keine explizite Wallfahrt mehr zur Staffelmadonna gibt, kommen immer wieder Gruppen und Einzelpersonen in die Kapelle in der Stadtpfarrkirche und zünden eine Kerze an. Die besondere Verbundenheit der Einheimischen mit der Gottesmutter zeigt sich auch am Staffelfest, das rund um den 21. November (Mariä Opferung / U.L.F. von Jerusalem) mit einem Hochamt und einer Prozession mit dem Gnadenbild durch das Schwarzviertel begangen wird.

Anja Legge