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Madonna mit bewegter Geschichte

Ganz schön in die Jahre gekommen war die Faulbacher Pfarrkirche „Mariä Verkündigung", die 1960/61 im kühlen Betonstil erbaut worden war. Wegen ihres desolaten baulichen Zustands hat man die Kirche zwischen 2008 und 2013 Stück für Stück saniert, modernisiert und umgestaltet. Mit Erfolg – denn der neu gestaltete Innenraum vermittelt nicht nur mehr Gemeinschaft und Nähe unter den Gläubigen; mit der Umgestaltung wurde auch die wunderschöne Marienfigur wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt.

Das spätgotische Gnadenbild, das bis heute von vielen Einheimischen als wundertätig verehrt wird, kann eine erstaunliche Geschichte erzählen: So stand die Figur ursprünglich in der Markuskapelle nahe der ehemaligen Kartause Grünau; erst nach dem Wechsel der Landesherren zur Reformation gelangte sie in den weiterhin katholischen Ort Faulbach. Nachdem die Wallfahrt zur Faulbacher Madonna mit dem beginnenden 19. Jahrhundert fast völlig eingeschlafen war, ist die alte Tradition seit 1945 wieder etwas zum Leben erwacht - auch dank ders vorbeiführenden Fränkischen Marienwegs.

Die Kirche ist täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet.

Pfarrbüro Faulbach
Hauptstraße 111
97906 Faulbach

Telefon: 09392 / 93973.
E-mail: pfarrei.faulbach@bistum-wuerzburg.de

Aus der Grünau nach Faulbach

Was die Faulbacher Pfarrkirche „Mariä Verkündigung" für Marienverehrer vor allem interessant macht, ist das auf den ersten Blick schlicht wirkende Marienbildnis, das auf einer Stele vor einer vergoldeten Wand steht.

Ursprünglich hatte die gefasste Holzfigur, die wohl in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstanden ist, ihren Platz in der nur wenige Kilometer entfernten St. Markuskapelle, die zur Kartause Grünau gehörte. Sagen ranken sich um die Entstehung der kleinen Kapelle in einem stillen Spessart-Wiesental bei Hasloch: Eine von ihnen berichtet von der wunderbaren Errettung des Wertheimer Grafen Johann mit dem Barte bei einem Jagdausflug, eine andere führt den Kapellenbau auf zwei weiße Hirsche zurück, die die Einheimischen zu einem frommen Klausner führten. Den Forschungen von Prof. Wilhelm Störmer zufolge wurde die heute ruinöse Kapelle im Jahre 1216 zu Ehren der heiligen Maria, Laurentius und Nikolaus geweiht; bereits 1297 erhielt die Kapelle eine päpstliche Ablassurkunde, die zum Grundstein für eine Marienwallfahrt wurde.

In unmittelbarer Nähe der kleinen Kapelle, die übrigens bis ins 17. Jahrhundert als Marienkapelle bezeichnet wurde, gründete die Wertheimer Erbtochter Gräfin Elisabeth von Hohenlohe 1328 das erste Kartäuserkloster in Ostfranken. Einer alten Sage nach war der Gründungsanlass ein Jagdunfall, bei dem die Gräfin ihren Gemahl versehentlich tödlich verwundete. Zur Linderung ihres Schmerzes und zur Sühne ihrer Schuld stiftete sie die Kartause in der Grünau. Die Kartäuser übernahmen auch die Markuskapelle und förderten die Marienverehrung, deren Höhepunkt wohl im 15. Jahrhundert lag. Damals entstand denn auch das Gnadenbild – eine Madonna mit Zepter und Kind im spätgotischen, mittelrheinisch weichen Stil. Das vorläufige Ende der Kartause kam abrupt: Da sich die Grafen von Wertheim der Reformation angeschlossen hatten, lösten sie das Kartäuserkloster 1557 auf. Auch die Kapelle wurde nicht mehr benutzt und verfiel zusehends. Bereits um das Jahr 1630 lag sie in Ruinen.

In dieser Zeit – zwischen 1557 und 1630 – gelangte nun die Madonna aus der alten Marien- oder Markuskapelle nach Faulbach. Vom Verlauf der Überführung erzählen zahlreiche Geschichten, in die sich auch konfessionelle Aspekte mischen. So erzählt eine Sage, dass zunächst das evangelische, zu Wertheim gehörende Dorf Hasloch die Marienfigur zu sich holen wollte, die Figur jedoch drei Mal auf wundersame Weise wieder in die Kapelle zurückgekehrt sei. Als aber die katholischen Einwohner des kurmainzischen Dorfes Faulbach das Bildnis auf ihren Karren luden, habe es ringsum geleuchtet „gleich der hellglänzenden Sonne" und wurde fortan am rechten Seitenaltar der Pfarrkirche als Helferin der Betrübten verehrt.

Ganz ungestraft blieb dieser als rechtmäßige Rettung der Gottesmutter aus Feindeshand titulierte Diebstahl indes nicht: So forderten die Mönche nach der Wiederbesiedlung der Kartause 1629 und ihrer Neuerrichtung 1635 durch die Grafen von Löwenstein-Wertheim die Figur zurück. Die Faulbacher folgten der Aufforderung jedoch auch unter Androhung von 50 Gulden Strafe nicht. Zur Untermauerung des Besitzanspruches von Faulbach entstand vermutlich die Sage von der wunderbaren Überführung.

Seitdem pilgerten die Menschen aus der Umgebung nicht mehr zur Markuskapelle, sondern nach Faulbach. Nach dem Dreißigjährigen Krieg war der Zulauf sogar so groß, dass die Faulbacher Pfarrkirche zu klein wurde und man 1684 den Erzbischof von Mainz um Zuschüsse für eine Kirchenerweiterung ersuchte. Noch im 18. Jahrhundert mussten zu manchen Marienfesten geistliche Hilfskräfte aus Miltenberg kommen, um der Schar der Gläubigen gerecht zu werden. Auch das Faulbacher Wallfahrtsbüchlein von 1741 unterstreicht die Bedeutung der Madonna als wichtiges Objekt religiöser Verehrung.

Mit der Säkularisation und dem Bau einer neuen klassizistischen Kirche nach Plänen von Wolfgang Streiter 1808/09 endete die Wallfahrt; die Marienverehrung geriet zunehmend in Vergessenheit. Erst seit 1945 wird die Muttergottes, deren Figur auch weiter auf dem rechten Seitenaltar stand und der man die Verschonung des Ortes in den letzten Kriegsmonaten zuschrieb, wieder stärker verehrt. Da die Faulbacher Pfarrkirche Ende der 1950er Jahre zu klein wurde, entschied man sich 1960/1961 für einen modernen Neubau auf der gegenüberliegenden Straßenseite, in den auch das Gnadenbild umzog.

Näher bei den Gläubigen

Weil die 1809 nach Plänen von Wolfgang Streiter erbaute klassizistische Kirche „St. Elisabeth" für die Gemeinde zu klein geworden war, errichtete man in den Jahren 1960/1961 auf der gegenüberliegenden Straßenseite den Neubau „Mariä Verkündigung". Doch bereits 50 Jahre später hatte sich die Situation in ihr Gegenteil verkehrt: Der großzügige, fast ein wenig klobig wirkende Betonbau mit seinen 650 Sitzplätzen war angesichts sinkender Kirchenbesucher- und Einwohnerzahlen mittlerweile zu groß; zudem war die Kirche baufällig und eine grundlegende Sanierung nötig geworden.

Obwohl zwischenzeitlich sogar ein Abriss zur Debatte gestanden hat, hat man die Kirche in den Jahren 2008 bis 2013 in insgesamt drei Bauabschnitten innen- und außensaniert sowie eine konzeptuelle Umgestaltung vorgenommen: Auf der Mainseite wurde ein großes Glasfenster nach Entwürfen von Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen eingebaut. Das farbintensive Fensterbild setzt mit der vom Heiligen Geist (in gelb) empfangenden Hand Mariens (in blau) das Patrozinium „Mariä Verkündigung" ins Bild. Der Innenraum wurde nach Plänen von Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen zur Zentralkirche umgestaltet. Im Zuge dessen wurde der Altar näher zu den Gläubigen gerückt, die Sitzplatzanzahl auf 350 reduziert und die Bankreihen von drei Seiten um den Altar gruppiert. Der nunmehr mitten unten den Menschen auf einer Altarinsel stehende Altar wurde ebenso wie der Ambo sowie Tabernakel- und Marienstele neu entworfen. Die neuen Elemente wurden allesamt aus den alten Marmorblöcken hergestellt. Über dem Altar schwebt ein großer goldener Radleuchter mit zwölf Kerzen und schlichter Zinnenmotivik, die an das Himmlische Jerusalem erinnert und im Kirchenraum immer wiederkehrt.

Die Faulbacher Gnadenmadonna, eine als wundertätig geltende spätgotische Marienfigur, steht relativ mittig im Raum auf einer schlichten Stele und vor einer vergoldeten Wand. Aus der alten Kirche stammt die Figur der Hl. Elisabeth, die nun am rechten Seitenaltar steht und das zweite Kirchenpatronat aufgreift; sie korrespondiert mit dem geschnitzten Nikolaus auf der linken Seite, der an die Bedeutung Faulbachs als Schiffergemeinde erinnert. Tabernakel, Ambo und Altar bilden gemeinsam mit der Osterkerze und dem Taufstein eine große Längsachse im Raum. Auf ihr findet der Gläubige die zentralen Elemente der Liturgie und einzelne Sakramente wieder. Die drei Heiligenfiguren, die quer zu dieser Achse im Raum angeordnet wurden, ergänzen diesen Glaubensweg zu einem großen Kreuz als Sinnbild unseres christlichen Glaubens.

Im „Raum der Stille" können sich Gläubige zum stillen Gebet zurückziehen. Die kleine Nische ist durch eine Glastür vom Kirchenraum abgetrennt und wurde mit einer Schmerzhaften Muttergottes aus dem Privatbesitz von Dr. Jürgen Lenssen sowie einem Acrylbild des Domkapitulars zum Thema Trauer und Hoffnung ausgestattet.

Neues Interesse seit 1945

Vor allem die Faulbacher selbst verehren die als wundertätig geltende Marienfigur sehr. Zahlreiche Einheimische suchen das Gandenbild regelmäßig auf und so mancher kann von großer Hilfe in aussichtslosen Situationen berichten. Dank der neuen Hinwendung zum Pilgern und der Eröffnung des Fränkischen Marienwegs hat auch das Interesse von Besuchern aus dem näheren und weiteren Umkreis wieder etwas zugenommen. Nach einem Stopp bei der Madonna bietet sich ein Besuch der ruinösenn Reste der Kartause Grünau an.

Anja Legge