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Gotische Steinmetzkunst in Haßfurt

Eine Perle der Steinmetzkunst ist die Ritterkapelle in Haßfurt, die zu den bedeutendsten spätgotischen Baudenkmälern Unterfrankens zählt. Besonders von Osten her hinterlässt sie einen für die Haßfurter Altstadt bestimmenden, durch den Reichtum ihrer Ornamentik unvergleichlichen Eindruck.

Der spätromanische Vorgängerbau der heutigen Kirche war die erste Pfarrkirche von Haßfurt. Als dann im 11. Jahrhundert mit dem Bau einer auf dem Reißbrett entworfenen Stadt begonnen wurde, rückte die Kapelle an den Stadtrand. Eine 1406 gegründete Priesterbruderschaft sorgte dann zu Beginn des 15. Jahrhunderts für einen Neubau der Marienkapelle. Fürstbischof Julius Echter ließ die KIrche 1603-1605 umbauen, 1856 bis 1865 folgte der neugotische Umbau. Neben zahlreichen Kunstdenkmälern besitzt die Ritterkapelle eine lange Tradition als Marienwallfahrtskirche. Davon zeugen vor allem die beiden Haßfurter Gnadenbilder, eine außergewöhnliche Sandstein-Pietà mit Trostengel aus der Zeit zwischen 1390 und 1410 sowie eine farbig gefasste Holz-Pietà (um 1480).

Mit der jüngsten Sanierung (2006-2010) wurde die Kirche auch im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils umgestaltet. Zentraler Leitgedanke war es, der Ritterkapelle den Charakter einer Wallfahrtskirche zurückzugeben und die beiden alten Gnadenbilder wieder mehr ins Zentrum zu rücken.

Die Ritterkapelle ist täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet.

Die aktuelle Gottesdienstordnung finden Sie hier.

Pfarrbüro Haßfurt
Pfarrgasse 8
97437 Haßfurt

Telefon: 09521 / 1484
Fax: 09521 / 64811

E-mail: pg.hassfurt@bistum-wuerzburg.de
Internet: www.pfarreihassfurt.de oder www.ritterkapelle.de

Erste Pfarrkirche Haßfurts

Seit Jahrhunderten wird die der Muttergottes geweihte Kapelle vor den Toren der Stadt „Ritterkapelle" genannt und weckt so Assoziationen an die Blütezeit des Rittertums und der hohen Minne. Doch nicht nur schöne Damen von edlem Geschlecht verehrten Ritter und Minnesänger in ihrer Dichtkunst. Der Inbegriff der reinen und höchsten Minne war vielmehr Maria. So war auch der fränkische Adel von einer starken Marienfrömmigkeit geprägt, was wiederum zu einem ungeheueren Aufschwung der Marienverehrung führte.

Ursprünglich stand an der Stelle der heutigen Ritterkapelle eine spätromanische Kirche, die zugleich die erste Pfarrkirche von Haßfurt war. Etwas östlich der heutigen Altstadt wuchs die erste Ansiedlung, bevor man im 11. Jahrhundert mit dem Bau einer auf dem Reißbrett entworfenen Stadt begann: Mit gitternetzartigem Straßensystem, einer breiten Hauptstraße zwischen Würzburger und Bamberger Tor und Wehranlagen, die von innen nicht sichtbar waren, so dass im Stadtkern ein heimeliges Stuben-Gefühl entstand.

Wenige Jahre nach der Grundsteinlegung für die Pfarrkirche St. Kilian am 15. Juli 1390 begann man auch mit dem Neubau der nun außerhalb der Stadtmauern gelegenen Marienkapelle. Bauherr war die 1406 gegründete Priesterbruderschaft, der zahlreiche Ritter und Adelige beitraten. Noch heute erinnert ein dreifach gereihter Wappenfries mit 248 Adels- und Ritterwappen am Choraußenbau an den beträchtlichen Einfluss des Adels auf Bauablauf und Ausstattung.

Nach der Weihe im Jahr 1465 kam es zu zahlreichen Veränderungen: So wurde unter Fürstbischof Julius Echter in den Jahren 1603/1605 das Langhaus erhöht und im Stil der Echtergotik eingewölbt. In den Jahren 1856 bis 1865 folgte eine Außenrestaurierung mit neugotischem Umbau unter der Leitung des vom Geist der Romantik erfüllten Denkmalpflegers Carl Alexander von Heideloff, der jedoch nur teilweise vollendet wurde. So zeigt sich der Bau bis heute zweigeteilt: An einen hohen, reich gegliederten, spätgotischen Chor schließt sich ein einschiffiges, nachgotisch gewölbtes Langhaus an, das dem Volk vorbehalten war. Heideloffs Umbau machte aus der ursprünglichen Wallfahrts- und Bruderschaftskapelle einen Kirchenbau, der sich vornehmlich am Ideal der Ritter- und Burgenromantik orientierte.

Maria mit dem Trostengel

Der helle Grauton der Ritterkapelle lässt den hoch aufstrebenden gotischen Bau elegant und gediegen erscheinen. Zugleich betont die zurückhal-tende Farbgebung den umlaufenden Wappenfries am Choraußenbau mit den 248 Adels- und Ritterwappen aus der Erbauungszeit. Am Außenbau erregen außerdem zwei bemerkenswerte Tympana die Aufmerksamkeit des Besuchers: Über der Spitalpforte im Süden ist ein figurenreiches Kreuzigungsrelief angebracht, das 1455 von Obermarschall Georg von Bebenburg und seiner Frau Elisabeth von Seinsheim gestiftet wurde. Über dem Haupteingang im Westen befindet sich ein prächtiges Relief mit dem Zug der Hl. Drei Könige zur Krippe in Form eines Ritterzuges.

Nach dem Durchschreiten des Hauptportals sollte man die Augen nach oben in den Portalbogen schweifen lassen. Dort schwebt der so genannte Viertugendmann, ein in Form eines Andreaskreuzes ausgestreckter Jüngling in gotischem Lendenschurz und mit persischer Mütze. An Händen und Füßen trägt er vier Symbole, die für die vier Kardinaltugenden Mäßigung (Schankmaß), Gerechtigkeit (Waage), Klugheit (Schlange) und Stärke (Löwe) stehen. In seiner durchkomponierten Gestaltung verkörpert er den neuen Adam, den neuen Menschen nach dem Vorbild Christi. Zugleich zeigt er über die vier Tugenden einen Weg ins Reich Gottes auf.
Der Kirchenraum wirkt nach der jüngsten Renovierung hell, lichtdurchstrahlt, harmonisch und von beeindruckender Farbigkeit. Farbgebung, Skulpturen, Freilegungen, Blumenmalereien und die Kombination neuer Ausstattungsstücke mit Vorhandenem tragen zu einer geschlossenen Raumwirkung bei. Schon im Vorraum beachtenswert sind die zarten Blumenornamente und Fresken der Evangelisten und Kirchenlehrer, das neugotische Taufbecken sowie eine barocke Ölberggruppe.

Die neu entstandene Altarinsel unter dem Chorbogen wird überragt von einem fast siebzehn Meter hohen Chorraum, in dem der Tabernakel als leuchtender Rettungsanker und Symbol der Eucharistie hervorstrahlt. Volksaltar, Leuchter, Sedilien, Vortragekreuz und Ambo wurden von Dr. Jürgen Lenssen entworfen; in den Altar sind Reliquien von Schwester Resituta, Liborius Wagner und vom ersten Würzburger Bischof Burkard eingelassen.

Hinter dem neuen Volksaltar erhebt sich eine in warmem Gold gehaltene Stele, die nun beide Haßfurter Gnadenbilder birgt: Mit Blick zu Volk und Langhaus steht die farbig gefasste Holz-Pietà aus der Zeit um 1480. Auf der Rückseite steht das ursprüngliche Gnadenbild, eine außergewöhnliche Sandstein-Pietà aus der Zeit zwischen 1390 und 1410. Diese Figur stand während der Blütezeit der Wallfahrt im 16. Jahrhundert im Zentrum des Kirchenschiffs, später rückte sie zugunsten der Holzpietà in den Hintergrund und war außen am Portal angebracht. Das Besondere an dieser Pietà ist, dass Maria ihren Sohn nicht selbst hält, sondern einen Trostengel zur Seite hat, der den Leichnam stützt und gemeinsam mit ihr den Tod Christi beweint. Die Aussage dieser Darstellung ist eindeutig: Auch in der tiefsten Not sind wir nicht alleine, sondern Gott stellt uns immer wieder einen Trostengel zur Seite, der uns spürbare Hilfe in unserem Leid ist.

Der an sich schon beeindruckende hohe Chorraum aus dem 15. Jahrhundert mit seinen aufstrebenden Fenstern, dem zierlichen Netzgewölbe und den wieder freigelegten Ornamenten strahlt die filigrane Durchlässigkeit der Gotik aus. Perfekt miteinbezogen wirken auch die Kreuzwegstationen im Stil der Nazarener. Der neugotische Hochaltar wurde 1878/1882 nach Entwürfen Heideloffs von Josef Metzger geschaffen; in den zwei Geschossen des Altares stehen zu beiden Seiten des Tabernakels die zwölf Apostel, darüber betrauert Maria den Leichnam ihres Sohnes.

Weitere beachtenswerte Ausstattungsstücke sind der spätgotische Dreikönigsaltar an der Nordwand des Kirchenschiffes aus der Zeit um 1450 mit Skulpturen von Fried Heuler sowie ein Renaisance-Relief mit einer originellen Darstellung der Auferstehung Erst kürzlich neu entdeckt wurde ein riesiges Christophorus-Fresko im Langhaus, das zumindest teilweise wieder freigelegt werden konnte.

„Ich bin bei Dir!"

Aus dem Jahr 1435 wird von einem Wunder berichtet, das der Haßfurter Madonna zugeschrieben wird: Ein Kind aus Grafenrheinfeld war in einen Brunnen gefallen und wurde entgegen aller Befürchtungen gerettet. Ein Ablassbrief aus dem Jahr 1464 berichtet von großem Zulauf und Gebetserhörungen. Damit gehört die Haßfurter zu den ältesten Wallfahrtstraditionen im Bistum Würzburg.

Heute kann kaum mehr von einem wirklichen Wallfahrtsgeschehen gesprochen werden, dafür machen viele Besuchergruppen, Radfahrer und Einzelpilger an der Ritterkapelle halt. Für die Haßfurter selbst ist die Ritterkapelle dagegen heimliche Pfarrkirche geblieben. Das Hauptfest „Mariä Geburt" (8. September), zugleich Kirchenpatrozinium, begehen die Einheimischen mit zwei Gottesdiensten und Lichterprozession durch die Stadt.

Durch die Neugestaltung der Kirche sind die beiden Gnadenbilder und damit die Wallfahrt wieder etwas mehr in den Mittelpunkt gerückt. Zugleich entfaltet die Ritterkapelle im Ganzen ein dichtes theologisches Programm: Wie alle gotischen Kirchen will die Ritterkapelle in ihrer Helligkeit und Architektur das himmlische Jerusalem abbilden. Das Reich Gottes wird so schon heute spür- und erfahrbar. In der Ritterkapelle beginnt dies bereits mit dem Viertugendmann über dem Eingang, der für die vier Tugenden Gerechtigkeit, Stärke, Klugheit und Mäßigkeit steht und verdeutlicht, wie das Reich Gottes spürbar werden kann. Die Pietà im Zentrum der Kirche steht für Leid und Hoffnungslosigkeit im menschlichen Leben. „Im Gebet können die Menschen Trost erfahren und sich mit Maria verbünden, die ebenfalls im Leid gezeigt wird", so der langjährige Pfarrer Stephan Eschenbacher. Wichtig sei dabei, dass der christliche Glaube an dieser Stelle nicht stehen bleibt: „Wenn ich auf die Pieta schaue, dann scheint im Hintergrund der Tabernakel auf. Hinter jedem Leid steht Gottes Zusage: Ich bin bei dir. Der Auferstandene ist mit seiner Gemeinde und will uns Kraft schenken gerade in der Feier der Eucharistie."

Anja Legge