Inmitten stiller Waldeinsamkeit bei Bad Kissingen liegt der so genannte Terzenbrunn oder Datzenbrunn. Einst Station der Kreuzbergwallfahrer ist das verträumte Kapellchen heute ein zwar kleiner, aber wichtiger Marienwallfahrtsort für den Raum Bad Kissingen. In einem ersten Kapellenbau aus dem 18. Jahrhundert wurde ein Bildnis des gekreuzigten Heilands verehrt, das beim Volk als Gnadenbild galt. 1861 errichtete man einen Neubau, geweiht auf den Namen des hl. Kreuzes und des hl. Antonius von Padua. Zum Ende des 19. Jahrhunderts kamen eine Lourdesgrotte sowie eine Ölberg-Grotte hinzu. Einzelpilger tragen noch heute zu jeder Jahreszeit ihre Sorgen und Nöte zur Oase am Terzenbrunn hinaus, um zu beten oder eine Kerze anzuzünden.
Die Kapelle ist täglich geöffnet.
Pfarrbüro Arnshausen
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Die verlorene Edelfrau
Der Sage nach wanderte die Edelfrau von Eyringsburg bei einem Waldspaziergang weiter als gewöhnlich in den Wald hinein und verweilte schließlich bei einem Wassertümpel und einem Brunnen. An einem Baum fand sie ein Marienbild. Im Gebet vergaß sie die Zeit, und so machte sich der besorgte Ehemann auf die Suche nach seiner Frau und gelobte, dort eine Kapelle zu errichten, wo er sie wiederfinden würde. An besagtem Ort fanden sich beide wieder, und Herr Eiring ließ eine kleine Kapelle zu Ehren der Jungfrau Maria erbauen. Nachweisbar ist, dass es bereits in uralter Zeit an der Stelle im Wald einen Brunnen gegeben hat, dessen Wasser als heilkräftig bei Augenleiden und Kinderlosigkeit galt. Der Name des im Volksmund nur „Datzenbrunn" genannten Ortes rührt vermutlich vom lateinischen „datio" (Abgabe) her, was darauf hindeutet, dass hier eine Zollstelle existiert haben muss.
Beinahe schon abenteuerlich mutet eine zweite Sage an, die den Namen des Ortes Terzenbrunn als „Der-zehn-Brunn" plausibel machen will. Der Legende nach flohen im Schwedenkrieg zehn Frauen vor herannahenden feindlichen Soldaten; dabei gelangten sie zum Terzenbrunn, tranken aus der Quelle und retteten sich in die Kapelle, aus deren Inneren himmlischer Gesang drang. Daraufhin wurden die Verfolger wie von unsichtbarer Hand zurückgehalten und konnten die Schwelle nicht überschreiten; ein Schwede stürzte gar verletzt zu Boden und wurde später von einem Einsiedler mit Quellwasser gesundgepflegt.
Wallfahrtskirche Terzenbrunn im Bild
Gegen jeden Widerstand
1651 wird erstmals ein Opferstock am Terzenbrunn erwähnt, ab 1752 ist die Rede von einer Kapelle mit dem Bildnis des gekreuzigten Heilands, das beim Volk als Gnadenbild galt. Zeitweise strömten wohl derart viele Menschen hierher, dass dies den Argwohn der Obrigkeit erregte: 1808 dachte man gar daran, die Kapelle einzureißen. Weitere Versuche, den Volksstrom zum Terzenbrunn zu unterbinden, scheiterten am Widerstand der Bevölkerung.
Im Juli 1861 begann man mit dem Neubau der heutigen Kapelle im neugotischen Stil, die bereits im November feierlich dem Hl. Kreuz und dem hl. Antonius von Padua geweiht. 1898 wurde. Direkt über der Quelle des Terzenbrunn wurde eine Lourdesgrotte erbaut und im Beisein von 4000 Menschen eingeweiht. 1900 fügte man dem Ensemble eine Ölberg-Grotte hinzu, die den Gedanken der Passions- und Kreuzverehrung betont.
Das dunkelste Kapitel seiner bewegten Geschichte erlebte der Terzenbrunn während des Zweiten Weltkriegs: Im August 1940 wurde das Gelände gesperrt und ein Scheinbahnhof mit hölzernen Gleisen, Weichen und Treibstofftanks auf ihm errichtet, um feindliche Flieger vom nahe gelegenen Lufttanklager Oerlenbach abzulenken. Wie durch ein Wunder blieb die Kapelle von größerem Schaden verschont. Nach mehreren Diebstählen musste der Innenraum komplett neu ausgestattet werden: Heute wird das Kruzifix im Chor von einer Josefs- und einer Marienfigur aus Kunststoff begleitet.
Einklang von Schöpfung und Frömmigkeit
Bis auf den heutigen Tag hat das Waldkirchlein eine große Bedeutung für den Kissinger Raum. Zentrales Ereignis ist die Sternwallfahrt am Sonntag nach Christi Himmelfahrt mit über 500 Gläubigen aus den umliegenden Dörfern. Darüber hinaus ist Terzenbrunn vor allem für Einzelpilger eine wichtige Gebetsstätte. Das Faszinierende ist nach Ansicht des ehemaligen Pfarrers Thomas Keßler der "Einklang von Schöpfung und Frömmigkeit“. Zudem werde hier deutlich: „Durch Maria wird Gott Mensch, und durch Jesu' Tod am Kreuz erfahren wir Menschen Erlösung.“
Anja Legge